Vergessenes Wandbild neu entdeckt: eine Spurensuche von Sr. Margit Herold

Das Wandgemälde in der Schwanfelder Volksschule war fast in Vergessenheit geraten. Foto: Dieter Stiller

800 Jahre Sonnengesang – dieses Jubiläum bewegt Franziskaner:innen in diesem Jahr weltweit. Die Oberzeller Franziskanerin Schwester Margit Herold erinnert sich anlässlich dessen an ein Bild aus Kindertagen: ein Wandgemälde aus ihrer Schule in Schwanfeld, das dem Lobpreis des heiligen Franziskus gewidmet ist. Sie will das Bild noch einmal sehen – und beginnt eine kleine Reise in die Vergangenheit, die nicht nur Erinnerungen weckt, sondern auch einem fast vergessenen Kunstwerk neue Aufmerksamkeit schenkt.

Sr. Margit hat das Bild noch genau vor Augen, so oft ist sie als Schulkind daran vorbei gelaufen. „Unser Lehrer Alfons Feuerbach erzählte uns damals, dass ein Freund dieses Bild geschaffen hat.“ So rief sie im Sekretariat der Schule in ihrem Heimatort an und fragte nach, ob sie mal kommen könne, um das Gemälde zu fotografieren. „Die Sekretärin war überrascht, denn sie kannte das Bild gar nicht“, erzählt die Ordensfrau. Sie beschrieb der Sekretärin daraufhin die Stelle am Ausgang zum Pausenhof in der alten, 1956 eröffneten Schule und diese bot an, die besagte Wand zu suchen und zu fotografieren. Wie sich herausstellte, wird dieser Teil der Schule heute nicht mehr regelmäßig genutzt, weshalb auch das Wandgemälde in Vergessenheit geriet.

Die Sekretärin wurde fündig und sprach Schulleiterin Margot Köhler-Tanzberger auf das Bild an. Diese wiederum wollte mehr darüber wissen. „Allerdings wusste ich selbst nichts Näheres über das Gemälde“, berichtet Sr. Margit weiter, aber auch ihre Neugier war geweckt. „Zuerst rief ich Erna Feuerbach an, die Frau meines verstorbenen Lehrers, und fragte sie nach dem Namen des Freundes und Künstlers.“ Diese musste kurz drüber nachdenken, erinnerte sich aber dann an den Namen: Willi Götz.

In Wikipedia fand Sr. Margit Informationen über den Künstler, der am 29. November 1926 in Rimbach bei Volkach geboren wurde und dort 1993 verstarb. Er war Maler und Grafiker und gestaltete durch die „Sgraffitotechnik“ (Einkratzen) viele Kunstwerke in Mainfranken. Das bezeugt eine Auflistung seiner Werke in Wikipedia – das Wandgemälde der besagten Schule ist dort allerdings nicht aufgeführt.

Die ehemalige Schwanfelder Schülerin machte sich also auf die Suche nach Angehörigen des Künstlers und konnte mit einem Neffen sprechen. Der bestätigte, dass nicht alle Werke seines Verwandten erfasst sind. Ein Kunstwerk in Schwanfeld sei ihm aber nicht bekannt. Er leitete die Anfrage und das Foto des Gemäldes an seine Verwandte weiter. Deren Vater, der ältere Bruder des Malers, hatte viele der Arbeiten von Willi Götz fotografiert, dokumentiert und so eine Art Werkverzeichnis angelegt. Von ihr kam allerdings zunächst eine kritische Rückmeldung: Das Bild stamme höchstwahrscheinlich nicht von Willi Götz.

„Das dämpfte meinen Enthusiasmus, aber ich ließ nicht locker“, erzählt Sr. Margit. Über Umwege kam sie schließlich an die Telefonnummer des Bruders ihres Lehrers. „Er bestätigte mir, dass sein Bruder Alfons Feuerbach und der Künstler Willi Götz gute Freunde waren.“ Fast zeitgleich erhielt Sr. Margit eine Mail von ihrem ehemaligen Hausarzt in Schwanfeld, Dr. Ekkehard Römmelt. Er hatte von der Suchaktion gehört und sich interessiert. Um Klarheit zu schaffen, ging er noch einmal zu Erna Feuerbach, um sie nach Willi Götz zu fragen. So erfuhr er, dass der Künstler in Schwanfeld gearbeitet hat und oft Gast in der Familie Feuerbach war.

Diese neue Information leitete die Ordensfrau wiederum an den Neffen weiter. „Kurz darauf bekam ich eine Mail, dass bei der erneuten Durchsicht von Unterlagen aus dem Nachlass, Fotos des Wandbildes und auch der Name Schwanfeld aufgetaucht sind.“ Jetzt gibt es Gewissheit: Das Gemälde ist ein echter Willi Götz.

Dank der Spurensuche bekommt das Werk nun mehr Aufmerksamkeit und wird nicht in Vergessenheit geraten. Auch für die Angehörigen des Künstlers ist das eine gute Nachricht, sie können ihm ein weiteres Werk zuordnen. Möglich gemacht habe das vor allem „die gute Erinnerung an meine Schulzeit in Schwanfeld“, wie Sr. Margit betont.

Wichtig ist der Oberzeller Franziskanerin allerdings auch, dass der Titel „Sonnengesang des heiligen Franziskus“ erhalten bleibt. Diese Schrift des heiligen Franz von Assisi werde seit Jahrhunderten von der franziskanischen Familie durch die Zeit getragen und die wichtige Botschaft immer wieder übersetzt. „Vielleicht interessieren sich auch manche Schwanfelder nun wieder für das Bild und seine tiefe Aussage zur Bewahrung von Gottes Schöpfung – gerade jetzt in dieser unruhigen Zeit.“

Sr. Margit Herold, Anja Mayer