Konvent Nazareth

Es war die zweite Filiale, welche die Oberzeller Schwestern außerhalb ihres Klostergeländes eröffneten: zuerst in einer wenig geeigneten Mietwohnung in der Badergasse, 1894 dann aber im ehemals Seißer’schen Anwesen in der Peterpfarrgasse, das 1898 durch ein angrenzendes Haus erweitert wurde. In diesem „Haus Nazareth“ übernahmen Schwestern schon 1894 die ambulante Krankenpflege und begleiteten alleinstehende Damen. 1894 übernahmen die Schwestern 7390 Tagesdienste und 6394 Nachtwachen, sieben Jahre später war es bereits 14.395 Tages- und 9307 Nachtdienste. Heute leben hier vier Schwestern zusammen.

Gegründet: 1894
Konventsoberin: Sr. Veridiana Dürr
Ort: in der Peterpfarrgasse in Würzburg

Schlicht wirkt das Haus in der Peterpfarrgasse hinter dem Regierungsgebäude. Nur ein dezentes Logo der Oberzeller Franziskanerinnen auf der Tür deutet darauf hin, dass hier Ordensfrauen zu Hause sind: der Konvent Nazareth im obersten Stockwerk, der per Aufzug erreichbar ist. Die jüngste Bewohnerin ist 81 Jahre, die älteste 84 Jahre alt (Stand: Oktober 2022) – eine echte WG also, die ihren Alltag teilt. Den Konvent gibt es so seit 2014.

Woher kommt aber der Name des Konvents „Nazareth“? Ein Blick auf die lange Geschichte des Hauses gibt Aufschluss: Bereits 1894 erwarb die Kongregation das Gebäude und nannte es „Haus Nazareth“ – passend zur Ordensspiritualität der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu. Die Schwestern dort gingen vor allem der ambulanten Krankenpflege nach. Vier Jahre später kaufte die Gemeinschaft auch das Nachbarhaus, um mehr Raum zu haben für die Krankenpflege und als Wohnmöglichkeit für ältere, alleinstehende Frauen. 1918 kam die Kinderschule der alten Mainkaserne hinzu. Beim Bombenangriff 1945 wurde das Haus komplett zerstört. Der mühevolle Wiederaufbau gelang vor allem mit Hilfe von Spenden aus der amerikanischen Region der Gemeinschaft.

1952 eröffneten im frisch sanierten Gebäude ein Kindergärtnerinnenseminar und eine Frauenfachschule zur Ausbildung von Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen. Die heilige Hildegard sollte von nun an als Patronin wachen. 1956 wurden weitere Schulräume und eine Kapelle fertig gestellt. 1958 wurde das Haus aufgestockt, 1971 folgte der Neubau des Kindergartens. Aus dem Kindergärtnerinnenseminar wurde die Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard.

1991 beschloss die Kongregation, die Trägerschaft von Kindergarten und Fachakademie abzugeben, kümmerte sich aber von 1993 bis 1996 noch selbst um die Sanierung. Der Name Nazareth wurde wieder für den Konvent im oberen Stock festgelegt. 1996 zog die Wohngruppe Berscheba ins Haus ein. 2001 wurde das Gebäude schließlich dem Bischöflichen Ordinariat Würzburg übergeben, Schwestern und Wohngruppe behielten aber Wohnrecht. Der Caritasverband ist seither für Kindergarten und Fachakademie als Träger verantwortlich.

Vier Schwestern wohnen im Konvent Nazareth bis heute mit Blick auf die Schulräume der Fachakademie und den Hof des Kindergartens: Sr. Aniana Schäflein, Sr. Kunihild Stemmler, Sr. Veridiana Dürr und Sr. Alexandra Gambietz teilen sich die tägliche Hausarbeit. Jede ist mal mit Einkaufen, Kochen und Putzen dran. Drei Tage die Woche bleiben die Mahlzeiten vegetarisch. Sie achten auf eine nachhaltig franziskanische Lebensweise.

Nach dem Beten der Laudes um 7.30 Uhr frühstücken die Schwestern gemeinsam und gehen anschließend in die Kirche. Das Angebot an Gottesdiensten in der Innenstadt ist groß, so dass mal die Eucharistiefeier im Dom, bei den benachbarten Karmeliten, in der Franziskanerkirche oder in der Pfarrkirche St. Peter und Paul besucht wird. „Diese Freiheit genießen wir sehr“, verrät Sr. Veridiana. Das sei ein immenser Vorteil, so mitten in der Stadt. „Wir besuchen auch manchmal kulturelle Veranstaltungen. Es ist schön, am kulturellen Leben der Stadt teilhaben zu können.“ Zu ihrem Tagesablauf gehören auch das gemeinsame Mittagessen, das Mittagsgebet, die Vesper um 18 Uhr und anschließend das Abendessen. Manchmal wird auch nachmittags oder abends ein Gottesdienst besucht. Wöchentlich gibt es ein Konventsgespräch, in dem Termine mitgeteilt werden. Sie sprechen zudem über Themen, die Konvent oder Gemeinschaft betreffen. Auch über kirchliche und weltpolitische Ereignisse tauschen sie sich aus.

Alle vier Schwestern engagieren sich in vielfältiger Weise außerhalb des Konvents gemäß des Sendungsauftrags, sie kümmern sich um Frauen oder Alleinstehende in Krankenhäusern und Hospiz- und Palliativstationen, gestalten Wort-Gottesfeiern und bringen die Kommunion zu Kranken. Nachmittags ist auch mal Zeit für die eigenen Interessen: Sr. Kunihild pflegt einen regen Briefwechsel und strickt Pullover und Socken für die Kinder in den Einrichtungen des Ordens in Südafrika. Sr. Veridiana schreibt viele Briefe, führt zahlreiche Telefonate, um ihre Kontakte zu pflegen. Von der Generalleitung hat sie die Beauftragung „Alter gestalten“, das heißt für interessierte ältere Schwestern Gesprächsrunden zu spirituellen, lebenspraktischen sowie politischen Themen zu gestalten, Vorträge zu halten oder in kleineren Gruppen Ausflüge zu planen. Längere Spaziergänge durch Ringpark und Residenzgarten halten beide fit. Sr. Alexandra übernimmt an drei Nachmittagen in der Woche den Pfortendienst im Kloster Oberzell und gestaltet zwei Mal im Monat einen Nachmittag mit spirituellen Impulsen für ihre Mitschwestern im Antoniushaus. „Daneben und mit dem Haushalt bleibt gar nicht mehr viel Zeit übrig“, sagt sie und ergänzt, dass sie gerne liest. Sr. Aniana kommt neben ihren Ehrenämtern im Antoniushaus, in der Rotkreuzklinik und im Theklaheim wenig zum Lesen und Basteln.

Ihr Leben mitten in der Stadt und so unmittelbar bei den Menschen möchten die vier Schwestern nicht missen. Manchmal werden sie in der Stadt auch von Fremden angesprochen. Diese bitten die Ordensfrauen zu beten, meist für einen Angehörigen. So lange es ihnen möglich ist, möchten Sr. Alexandra, Sr. Veridiana, Sr. Kunihild und Sr. Aniana im Konvent bleiben und für die Menschen in der Stadt da sein.