Konvent der heiligen Familie (USA)

Sie wurden angefragt, um die Haushalte amerikanischer Franziskaner- und Kapuziner-Brüder zu führen. Die Oberzeller Schwestern, die dafür ab 1929 in die USA entsandt wurden, vergaßen aber nie den eigentlichen Auftrag ihrer Gemeinschaft, den Einsatz für Menschen in Not – insbesondere für Mädchen und Frauen in benachteiligenden Lebenssituationen. So wandelten sich die Aufgaben der deutschen Ordensfrauen in Amerika.

Gegründet: 1929
Konventsoberin: Sr. Antonia Cooper
Ort: North Plainfield, New Jersey

Bereits 1925 hatte sich die Kongregation bereit erklärt, in die Mission zu gehen. Es gab mehrere Anfragen von Franziskaner-Brüdern, die um Schwestern zur Haushaltsführung in amerikanischen Seminaren und Konventen baten. Die erste Bitte musste abgewiesen werden. 1928 fragte der Provinzial der Würzburger Franziskaner bei der damaligen Generaloberin Sr. Bonaventura Frank nach, ob fünf Schwestern für das St. Francis Seminary in Staten Island (New York) gestellt werden könnten. Am 26. März 1929 traten die Schwestern Josephine Döll (Hauswirtschafterin), Praxedis Zirkelbach (Wohlfahrtspflegerin), Iphigenia Glaser (Hauswirtschafterin), Euphemia Schug (Köchin) und Andrea Tremel (Hauswirtschafterin) diese erste große Reise an. Zunächst ging es nach Hamburg, wo sie in den Dampfer „St. Louis“ stiegen, wie in der Chronik der Kongregation nachzulesen ist. Ein Telegramm verkündete am 9. April in Oberzell: Die Schwestern sind gut in Staten Island, New York angekommen.

1929 vor der Überfahrt von Hamburg nach New York – ein Foto aus der Chronik der Kongregation.

Wirtschaftsführung in Bildungseinrichtungen

Die Schwestern aus Deutschland wurden in Küche und Wäscherei der Franziskaner eingeführt. Für die Wirtschaftsführung in ihren Bildungseinrichtungen baten amerikanische Franziskaner und Kapuziner in den darauffolgenden Jahren um weitere Schwestern – bis 1938 wanderten insgesamt 46 Schwestern nach Amerika aus. Große Wiedersehensfreude herrschte im August 1934, als Generaloberin Sr. Bonaventura ihre Mitschwestern in den USA besuchte. Sie entschied, dass die Schwestern ein eigenes kleines Haus haben sollten, in dem sie zuhause sein konnten, und kaufte ein Gebäude in Trenton (New Jersey): Im September 1935 bezogen die Oberzeller Schwestern den „Convent of St. Clare“. Durch die Patenschaft der Berg-Karmel-Gilde hatten die Schwestern die Möglichkeit, zu den Menschen in der Umgebung zu gehen und sich um arme Kranke zu kümmern.

Da der Platz nicht mehr reichte, erwarb die Gemeinschaft „Villa Maria“, ein ehemaliges Sanatorium in Plainfield (New Jersey) mit über 50 Räumen, Nebengebäuden und 21 Hektar großem Gelände, etwa eine Autostunde von Trenton entfernt. Nach einer umfangreichen Sanierung zogen die Schwestern im Juli 1938 in Villa Maria ein. 1941 kam die erste amerikanische Novizin nach Plainfield und die bisher „rein deutsche“ wandelte sich in eine gemischtsprachige Gemeinschaft. Hauptsächlich aber diente Villa Maria als Alten- und Pflegeheim für Frauen und einige Männer.

Stillstand und Isolierung im Zweiten Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg bremste nicht nur den weiteren Aufbau der Gemeinschaft, er brachte auch den Austausch zwischen dem Mutterhaus in Deutschland und den Mitschwestern in Amerika zum Stillstand und führte zu einer Isolierung der Schwestern in den USA aufgrund ihrer deutschen Herkunft. Ein regelmäßiger Briefwechsel war erst nach Ende des Krieges wieder möglich. Mit Spenden und Paketen halfen die ausgewanderten Frauen ihren Mitschwestern im Mutterhaus und trugen so zum Wiederaufbau der zerstörten Häuser der Kongregation in Würzburg bei.

Jetzt war es für die Schwestern auch an der Zeit, sich ihrem eigentlichen Sendungsauftrag zu widmen. Sr. Praxedis Zirkelbach trieb diesen Gedanken voran: Sie bezog 1948 in Yardville (New Jersey) ein Haus mit Garten und gründete das St. Elizabeth‘ Home for unwed Mothers (Heim für unverheiratete Mütter). „In Zusammenarbeit mit den katholischen Wohlfahrtsverbänden in der Diözese Trenton und den Trinitarierschwestern, die die Adoptionen durchführten, bestand die Aufgabe der Oberzeller Schwestern darin, den Müttern ein liebevolles Umfeld zu bieten und die Kinder bis zu ihrer Adoption zu betreuen“, erklärt Schwester Antonia Cooper, heutige Regionaloberin für die Niederlassung in Amerika. Meist waren die jungen Mütter noch im Teenageralter und wurden als schwangere, unverheiratete Frauen von der Gesellschaft verstoßen. Das St. Elizabeth‘ Home betreute bis 1976 mehr als 4.000 Mädchen und 5.000 Kleinkinder.

Engagement für Menschen in Not

Später, als Abtreibung in den USA legalisiert war, wurden dieser Dienst und das Heim nicht mehr benötigt. Mitte der 1970er Jahre widmeten die Schwestern das Haus um und betreuten hier zusätzlich entwicklungsverzögerte Frauen. 1995 wurde die Einrichtung geschlossen. Das Alten- und Pflegeheim in Villa Maria verfügte in dieser Zeit noch über 90 Plätze, 15 davon waren von Frauen in finanzieller Not belegt. Gleichzeitig zeichneten sich immer mehr Probleme ab: die Schwestern wurden weniger, Renovierungen waren notwendig, freie Plätze konnten nicht mehr belegt werden. 2001 beschloss die Kongregation, das Heim zu schließen und die Immobilie zu verkaufen.

Neben der Arbeit in ihren eigenen Einrichtungen engagierten sich die Schwestern in weiteren Bereichen: in einer Institution für Jugendliche, die auf der Straße lebten, in der ambulanten Kinderkrankenpflege in einem Armenviertel und in der Gefängnisseelsorge. Auch als geistliche Begleiterin und Exerzitienleiterin, Pfarreimitarbeiterinnen, als Schulseelsorgerinnen und als Kinder- und Jugendsozialarbeiterinnen wirkten sie in verschiedenen Orten in Nordamerika.

1979 zählte die Region der Heiligen Familie in Amerika 72 „Franciscan Servants“, wie sich die Gemeinschaft in den USA nennt. Doch schon in dieser Zeit zeichnete sich ab, dass die Gemeinschaft kleiner wird. 1990 waren es noch 44 Schwestern und im Jahr 2000 noch 29.

Im Februar 2023 wurde die Region in einen Konvent umgewandelt, der direkt dem Generalat unterstellt ist. Ihm gehören heute noch fünf Schwestern an. Sr. Antonia Cooper lebt als Oberin inzwischen alleine in North Plainfield. Sie unterrichtet TaiChiChih, bietet persönliche Gespräche und Seelsorge an und beteiligt sich an den Gottesdiensten der Saint Mary Church. Außerdem ist sie als Generalrätin Mitglied im Leitungsteam der Kongregation und regelmäßig für mehrere Wochen im Jahr in Oberzell. Sr. Antonia trat in die Gemeinschaft ein, weil sie nicht unterrichten wollte. Sie wurde von einem Franziskanerpater an die Oberzeller Franziskanerinnen verwiesen, der die Schwestern durch ihren Dienst im Konvent kannte. „Schon im Alter von sieben Jahren wusste ich, dass ich Schwester werden wollte, weil ich dachte, dass es einfach schön ist, eine Schwester zu sein. Ich liebe es, Franziskanerin und Dienerin der Heiligen Kindheit Jesu zu sein.“

Der Konvent heute (von links): Sr. Dominic Ritter, Sr. Sabina Skinner, Sr. Antonia Cooper, Sr. Lucia Murtaugh und Sr. Mary Jo Burghduff. Foto: Sr. Katharina Ganz

Etwa 50 Minuten Fahrzeit trennen Sr. Antonia von der Seniorenresidenz Seabrook, in der die Schwestern Dominic Ritter (75), Lucia Murtaugh (74), Mary Jo Burghduff (78) und Sabina Skinner (75) leben. Alle bringen sich nach ihren Möglichkeiten in die Gemeinschaft ein: Sr. Dominic ist die Vikarin des Konvents. Als Ökonomin verwaltet sie die Finanzen, hält die Schwestern im täglichen Leben zusammen, hat vielseitige Interessen und kann sich nicht vorstellen, ohne ihre Hündin Sassy zu sein. „Nur Gott weiß, warum ich in dieser Gemeinschaft bin“, sagt Sr. Dominic mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

Im Alter von 17 Jahren las Sr. Lucia in der Zeitschrift Sacred Heart Messanger „Wir brauchen dich!“ und fühlte sich persönlich gemeint. Der Name „Dienerinnen der Heiligen Kindheit Jesu“ gefiel ihr und die Dienste in der Krankenpflege und mit unverheirateten Müttern sprachen sie an. Heute arbeitet Sr. Lucia ehrenamtlich im Pflegeheim, macht Besuchsdienste, engagiert sich in der Sozialbetreuung und Musiktherapie für Menschen mit Alzheimer und schwerer Demenz. Darüber hinaus schreibt sie an drei lebenslang Inhaftierte.

Auch Sr. Mary Jo trat in die Gemeinschaft ein, weil sie sich von dem Namen der Kongregation angezogen fühlte: „Vielleicht hatte diese Anziehungskraft etwas mit Gottes Plan für mich zu tun. Zufälligerweise wurde ich an Heiligabend getauft.“ Sr. Mary Jo engagiert sich heute in der katholischen Gemeinde und ist Vorsitzende des Katholikenrats von Seabrook. Sie beteiligt sich rege am jüdischen Gemeindeleben, nimmt am Thorastudium und am Schabbat teil. Mit viel Freude ist sie Mitglied der Theater- und Musikgruppe von Seabrook und geht mit Hündin Sassy spazieren.

Sr. Sabina geht einkaufen, führt persönliche Gespräche mit anderen Bewohner*innen, bringt ihnen die Kommunion und liest ihnen aus der Bibel vor. Sr. Sabina ist es wichtig, dass die Gemeinschaft nach wie vor viele Menschen erreicht, indem sie monatlich an Organisationen spendet, die ein ähnliches Charisma wie die Kongregation erfüllen. Und es tut ihr gut, dass sie selbst Menschen in persönlichen Nöten helfen kann.

 

Historische Fotos aus der Chronik der Kongregation