Konvent Juliusspital

Bereits ab 1906 gab es Versuche, Oberzeller Franziskanerinnen als Krankenpflegerinnen für das Juliusspital zu gewinnen. Initiator war der Chirurg Professor Enderle, der nur mit Ordensschwestern im Operationssaal arbeiten wollte. Zunächst sprangen jedoch die Erlöserschwestern ein und wirkten ab 1907 im Juliusspital. Ab 1921 ersetzten die Oberzeller Franziskanerinnen nach und nach die Erlöserschwestern, die ins Luitpold-Krankenhaus in Grombühl umzogen. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 waren 145 Oberzeller Schwestern im Juliusspital aktiv. Insgesamt waren von 1921 bis 2021 über 220 Oberzeller Franziskanerinnen im Juliusspital im Einsatz. Im Konvent herrschte zu diesen Zeiten entsprechend Hochbetrieb, eine große Gemeinschaft von Frauen, die auch füreinander immer da waren. Gegründet: 1. Juli 1921 Konventsoberin: Sr. Marita Gäbelein Ort: im Anbau direkt am Juliusspital Sr. Marita Gäbelein (74) lebt seit über 50 Jahren im Konvent, Sr. Perpetua Mehling (73) absolvierte ihre Ausbildung zur Krankenschwester am Juliusspital, arbeitete dann 21 Jahre lang im Kreiskrankenhaus in Monheim und kam schließlich 1991 wieder in den Konvent Juliusspital. Sr. Marita besucht ehrenamtlich die rund 150 Bewohner im Seniorenstift, ist aber auch für ehemalige Kolleginnen sowie Patienten im Juliusspital da, die nach ihr fragen. Sie übernimmt zudem die Mesnerdienste in St. Kilian und St. Johannes. Sr. Perpetua befindet sich ebenfalls im Ruhestand und macht Hilfs- und Fahrdienste für ihre Mitschwestern. Zum 100-jährigen Bestehen des Konventes sprachen wir mit einigen Schwestern, die viele Jahre im Juliusspital wirkten. Unseren Bericht, der in unserem Klostermagazin LUPE (Ausgabe 83/2021) abgedruckt ist, können Sie im Folgenden nachlesen:

Oberzeller Franziskanerinnen seit 100 Jahren im Juliusspital

Insgesamt waren von 1921 bis 2021 über 220 Oberzeller Franziskanerinnen im Juliusspital im Einsatz – als Lehrerinnen und Ausbilderinnen, technische Assistentinnen, Laborantinnen, Röntgenassistentinnen, Sprechstundenhilfen, Büroschwestern, Operationsschwestern, Diätassistentinnen und Wirtschaftsschwestern. Dies wurde im Juli 2021 mit einer Gedenktafel gewürdigt.

Wer Schwester Marita auf dem Gelände des Juliusspitals begleitet, spürt sofort, dass die Oberzeller Franziskanerin hier zuhause ist. Ob Seniorenstift-Bewohner, Krankenschwestern, Patienten oder Gärtner – ein freundliches Wort wird mit jedem gewechselt. Seit 51 Jahren lebt Sr. Marita Gäbelein im Konvent am Juliusspital, 42 Jahre arbeitete sie hier als Krankenschwester. Mit ihr in der Schwesternwohnung lebt heute nur noch Sr. Perpetua Mehling. Die beiden Ordensfrauen sind zwei von über 220 Oberzeller Franziskanerinnen, die seit 1921 im Würzburger Juliusspital dienten, am 1. Juli feiert der Konvent sein 100-jähriges Bestehen. Über Jahrzehnte pflegten Ordensfrauen im Juliusspital kranke und alte Menschen, lehrten, spielten Orgel, arbeiteten im Haushalt, in der Kirche und übernahmen seelsorgerische Aufgaben. Es begann 1921 mit 22 Oberzeller Schwestern und elf Postulantinnen und erhöhte sich auf 145 Ordensfrauen im Jahr 1939. Danach reduzierte sich die Anzahl der Schwestern im Juliusspital wieder – bedingt durch mangelnden Ordensnachwuchs. Heute arbeiten noch die Oberzeller Franziskanerinnen Teresa Weimert und Juliana Seelmann im Klinikum Würzburg Mitte, zu dem das Juliusspital und die Missioklinik 2017 fusionierten. Als Sr. Marita 1970 als junge Krankenschwester im Spital startete, waren noch zwei weitere Oberzeller Schwestern auf ihrer Station im Einsatz, das weltliche Personal überwiegte bereits. Zu erkennen waren die Ordensfrauen an ihrem weißen Schleier, den sie zu den Krankenhauskitteln trugen. Keine Unterschiede gab es bei der Aufgabenverteilung. Das betont auch Schwester Salesia Reußenzahn, die von 1955 bis 1983 als OP-Schwester im Krankenhaus arbeitete. „Wir haben wirklich gut und gerne miteinander gearbeitet“, erzählt die 88-Jährige. Bis heute hat sie Kontakt zu ehemaligen Kolleginnen.
Sr. Salesia war 30 Jahre OP-Schwester.
Wenn die zu Besuch kommen, wird über alte Zeiten geplaudert. Denn erlebt hat sie viel in den fast 30 Jahren, in denen sie meist am OP-Tisch stand und instrumentierte. Auch manche Hautnaht führte sie zu Ende. Und sie erzählt, dass sie beim Putzen halfen. Die fleißige Putzfrau „hatte das Sagen“, verrät die 88-Jährige und lacht. „Die hat immer gesagt ‚die Brüh allein macht’s nit, ihr müsst scho a weng aufdrück’“. Die „Brüh“ (eine Art Waschlauge) weckt auch bei Sr. Marita Erinnerungen. Denn auf Station gehörte das Schrubben ebenfalls dazu: Die Patienten wurden in ihre Zimmer „gescheucht“, „die Brüh wurde im Gang ausgekippt und dann geschrubbt, was das Zeug hält.“ Danach gab es eine zünftige Vesper im Stationszimmer. „Gangfest haben wir das genannt“, verrät Sr. Marita und schmunzelt. Allerdings nicht für alle, denn eine Schwester musste auf die Patienten aufpassen. Das gute Miteinander hebt auch Schwester Perpetua hervor. Als der Konvent noch größer war, sei das besonders zu spüren gewesen. Es wurden alle Geburtstage und Namenstage gefeiert, man traf sich – wenn dienstlich möglich – zu Mittag und zum Kaffee. „Es war ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl“, betont die 73-Jährige. Ein gutes Miteinander lag auch Sr. Serafine Nickl immer am Herzen. Die heute 78-Jährige startete 1968 als Krankenschwester im Juliusspital. Nach einem Seminar für leitende Aufgaben übernahm sie 1974 mit gerade einmal 33 Jahren als erste Krankenschwester das damals neue Amt der Pflegedienstleiterin. Damals waren noch rund 80 Oberzeller Ordensfrauen im Juliusspital, davon rund 50 im Pflegedienst, die nun alle fachlich Sr. Serafine unterstanden. „Ich hab mit lauter guten Menschen geschafft“, sagt sie heute. Es sei wichtig, stets das Gute zu sehen und anderen zu zeigen, dass man sie braucht. „Der andere spürt, ob mir was an ihm liegt.“ Bei allen Veränderungen in ihrem Berufsleben, hat sie sich diese Einstellung immer bewahrt. Viele Veränderungen hat auch Sr. Marita mit erlebt. Sie kam nach ihrer Ausbildung zunächst auf die Chirurgie, eine reine Frauenstation mit 40 Plätzen. „Das waren noch alte Betten, die man tragen musste“, erzählt die 74-Jährige. In ihren über 40 Berufsjahren kamen nach und nach Erleichterungen: fahrbare und höhenverstellbare Betten, Nachtkästchen, Dienstpläne (was sie selbst einführte) und Stützpunkte auf Station, aber auch der „Betten-Bahnhof“ half, da die Krankenschwestern die Betten nicht mehr selbst auf dem Gang beziehen mussten. Doch nicht alles wurde einfacher. „Damals mussten wir noch nicht so viel dokumentieren wie heute“, erzählt Sr. Marita. Außerdem hätten sich die Liegezeiten verändert. „Heute ist der Stress viel schlimmer, die Patienten liegen kürzer auf der Station, täglich kommen neue dazu und es fehlt an Personal.“ Als die Liegezeiten noch deutlich länger waren, „konnten wir auch noch a weng mehr Blödsinn machen“, verrät die Ordensfrau. Eine Bettenschlacht auf dem Gang zum Beispiel oder ein Streich für die Kollegin, die immer das Licht im Bad ausgeschaltet hat. „Wir hatten noch Zeit für sowas, das geht heute nicht mehr.“ Als Ordensfrau war sie aber auch Respektsperson – selbst bei den Ärzten. „Manche hatten sogar Angst vor mir“, verrät sie lachend. „Ich hatte ein gutes Verhältnis zu allen, aber ich hab mich auch mal durchgesetzt.“ In den vier Jahrzehnten im Spital durchlief sie Unfall-, Kinder- und Männerstation. Ende der 1970er Jahre absolvierte sie eine Fortbildung in Köln und war danach als Leiterin verantwortlich. Erlebnisse, die nahe gehen
Sr. Serafine war Pflegedienstleiterin.
Sr. Perpetua kam 1991 ans Juliusspital zurück, nachdem sie 21 Jahre im Kreiskrankenhaus in Monheim Erfahrungen in allen Bereichen der Chirurgie gesammelt hatte. Ihre Ausbildung zur Krankenschwester hatte sie bereits von 1964 bis 1966 im Würzburger Spital absolviert. Hier durchlief sie dann ab 1991 verschiedene Stationen. Nie vergessen wird sie die Nacht, in der drei Menschen gestorben sind. „Alle hatten es mit dem Herzen“, erzählt Sr. Perpetua. Diese Erfahrung geht ihr heute noch nah. Doch gab es auch gute Wendungen, wie Sr. Marita berichtet: Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr ein Mann, der sehr krank war und sich bereits aufgegeben hatte. „Mit dem hab ich geredet und geredet, aber der wollte einfach nicht mehr.“ Die Ordensfrau gab nicht auf und kümmerte sich weiter. Ihr Zuspruch wirkte: „Er kommt heute noch und ist glücklich und dankbar, dass er das durchgestanden hat“, erzählt Sr. Marita. „Ich hab mir immer Zeit gelassen bei den Patienten. Das war ja auch mein Traumberuf.“ Diese Leidenschaft für ihre Aufgabe teilt sie mit ihren Mitschwestern. Für Sr. Salesia zum Beispiel war es selbstverständlich, immer auf Abruf zu stehen. Beim Gottesdienst in der Kirche saßen die OP-Schwestern deshalb immer in der letzten Reihe. „Wir wurden regelmäßig aus den Gottesdiensten geholt“, erinnert sich die 88-Jährige. Auch nachts galt diese Rufbereitschaft für Notfälle wie Blinddarmdurchbrüche, eingeklemmte Leistenbrüche oder Darmverschlüsse. Ein paar Mal in der Woche musste sie nachts raus. Auch für Schwester Aniana Schäflein (80), die zunächst auf der Allgemeinstation und Kinderchirurgie und dann über 20 Jahre in der Krankenhausseelsorge arbeitete, war es selbstverständlich möglich, auch mal abends oder nachts geholt zu werden – allerdings nicht für den OP-Saal, sondern, wenn jemand im Sterben lag. Die Schwester erinnert sich, wie dankbar viele Patienten und Angehörige waren, dass mit ihnen gebetet wurde und einfach jemand da war, der ihre Not anhörte und die Hand hielt. Sie war eine der ersten Ordensfrauen, die zur Krankenhausseelsorgerin ausgebildet wurde. In ihren Anfangszeiten gab es noch keinen Sozialdienst im Krankenhaus, so dass sie zum Beispiel Plätze in Alten- und Pflegeheimen vermittelte oder bei Ämtern nachfragte – stets um ihren Patienten zu helfen. Wie ihre weltlichen Kolleginnen, haben auch die Ordensfrauen viel Leid gesehen. Nach ihren Diensten seien sie oft in die Kirche gegangen, erzählt Sr. Salesia. „Da haben wir uns Kraft geholt.“ Auch mit den Angehörigen habe sie gesprochen, habe ihnen gesagt, dass sie dabei war, dass alles gut ging und sie keine Angst haben bräuchten. „Wenn wir helfen konnten und sahen, dass es gut wird, war das auch für uns eine Erlösung.“ Kraft aus dem Glauben Kraft aus dem Glauben – davon sprechen auch alle anderen Oberzeller Schwestern, die im Juliusspital arbeiteten. Wenngleich es für jeden auch schwere Zeiten gab. Meditationen, Gottesdienste, Gebete und die Gespräche mit den Mitschwestern haben geholfen – und die Patienten, wie Sr. Marita betont: „Die sind so dankbar und geben’s wieder zurück.“ Der Konvent am Juliusspital bedeutet ein Stück Heimat für die Schwestern. Sr. Salesia fiel der Abschied 1983 sehr schwer. „Ich wär auch noch länger dort geblieben.“ Aber sie wurde im Mutterhaus gebraucht. Sr. Marita, die 2012 in den „Unruhestand“ wechselte, mag an einen Abschied noch gar nicht recht denken. „So lange ich das gesundheitlich und körperlich noch machen kann, möchte ich hier bleiben“, sagt sie. „Ich hab hier meine Aufgabe und die füllt mich aus.“ Denn die 74-Jährige ist wie Sr. Perpetua und weitere Schwestern auch heute noch für viele Menschen da: für die rund 150 Bewohner im Seniorenstift, für ehemalige Kolleginnen sowie Patienten im Juliusspital, die nach ihr fragen und für den Gärtner, wenn er mit ihr über den lang ersehnten Regen spricht. Sr. Teresa ist als einzige noch angestellt im Krankenhaus, die Sozialpädagogin arbeitet für den Sozialdienst und in der Seelsorge. Sr. Aniana betreut immer noch Schwerkranke, Sr. Perpetua macht Hilfs- und Fahrdienste für ihre Mitschwestern. Sr. Marita übernimmt neben ihren Besuchen die Mesnerdienste in St. Kilian und St. Johannes. Ob das nicht unheimlich anstrengend und eigentlich ein bisschen zu viel ist? Da lächelt Sr. Marita nur, grüßt im Vorbeigehen ein paar Studenten und spricht sicher auch für ihre Mitschwestern, wenn sie sagt: „Das ist doch schön!“ Hintergrund: Oberzeller Franziskanerinnen im Juliusspital Bereits ab 1906 gab es Versuche, Oberzeller Franziskanerinnen als Krankenpflegerinnen für das Juliusspital zu gewinnen. Initiator war der Chirurg Professor Enderle, der nur mit Ordensschwestern im Operationssaal arbeiten wollte. Zunächst sprangen die Erlöserschwestern ein und wirkten ab 1907 im Juliusspital. 1920 entschied die Regierung, dass Krankenschwestern ab sofort eine staatliche Prüfung ablegen mussten, bevor sie in der Krankenpflege arbeiten durften. Die Oberzeller Franziskanerinnen mussten sich überlegen, wo sie ihre Krankenschwestern nun ausbilden ließen. In diesem Zusammenhang bot sich die im Juliusspital 1921 gegründete staatlich anerkannte Krankenpflegeschule an, eine der ältesten in Unterfranken. Die Kongregation schickte zwei Schwestern zur Ausbildung in diese Schule und fragte nach, ob noch Interesse am Einsatz von Oberzeller Schwestern im Juliusspital bestünde, was bejaht wurde. Die Oberzeller Franziskanerinnen ersetzten zunächst die Erlöserschwestern in der Küche, der Wäscheausgabe und im Nähzimmer. Somit wurde der Konvent Juliusspital offiziell am 1. Juli 1921 eröffnet. Im November 1921 wechselten die Erlöserschwestern ins Luitpoldkrankenhaus in Grombühl. Erst jetzt wurden weitere Posten in der Krankenpflege durch Oberzeller Schwestern besetzt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 waren 145 Schwestern im Juliusspital aktiv.
Sr. Teresa ist im KWM angestellt.
Danach gingen die Zahlen zurück. Ab 1952 gab es wieder weltliches Krankenhauspersonal. Insgesamt waren von 1921 bis 2021 über 220 Oberzeller Franziskanerinnen im Juliusspital im Einsatz. Sie waren Lehrerinnen und Ausbilderinnen in den Schulen für Kranken- und Altenpflege, waren technische Assistentinnen, Laborantinnen, Röntgenassistentinnen, Sprechstundenhilfen, Büroschwestern, Operationsschwestern, Diätassistentinnen und Wirtschaftsschwestern. Sie halfen auch in der Apotheke, verschafften Patienten Linderung durch Massageanwendungen und auch das seelsorgerische Wirken kam nicht zu kurz. Mit Sr. Marita Gäbelein (74) und Sr. Perpetua Mehling (73) leben heute noch zwei Oberzeller Franziskanerinnen im Konvent am Juliusspital. Beide sind inzwischen im Ruhestand, kümmern sich aber unter anderem noch um Mesnerdienste, Krankenbesuche und Fahrdienste. Fest angestellt im Klinikum Würzburg Mitte (KWM) – so die Bezeichnung des Krankenhauses seit der Fusion mit der Missioklinik 2017 – sind heute noch Sozialpädagogin Sr. Teresa Weimert (64) für Sozialdienst und Seelsorge sowie Sr. Juliana Seelmann (38) als Krankenschwester in der Asylunterkunft. Eindrücke aus früheren Zeiten aus dem Klosterarchiv, die genauen Aufnahmedaten sind uns leider nicht bekannt: