Zulu im Tandem

Für ein Jahr lebt und arbeitet Katharina Trautenbach aus Retzstadt in Mbongolwane als Freiwillige im Kinderheim Saint Joseph sowie im Antonia-Werr-Kindergarten. Sie berichtet von „völlig neuen Sichtweisen“.

Es ist halb acht Uhr morgens. Ich betrete das Zimmer. Sofort kommen die Kleinsten mit Freude und Gekreische auf mich zugerannt. Alles wird stehen und liegen gelassen. Jeder möchte sofort hochgenommen und umarmt werden. Dabei kommt es auch des Öfteren zu Tränen und Streitereien. Diese enden dann glücklicherweise meist, wenn ich mich zu ihnen auf den Boden setze und mir Zeit für sie nehme.

Seit einem halben Jahr arbeite ich nun schon hier. Direkt neben dem Kinderheim befindet sich das Gästehaus, in dem ich lebe. Ich bin 19 Jahre alt und habe im August 2018 mein Fachabitur geschrieben. Meine Entsendeorganisation ist der Bund Deutscher KatholischerJugend (BDKJ) Würzburg, der mich auch unterstützt. Zudem wird mein Auslandseinsatz vom Freiwilligenprogramm „weltwärts“ co-finanziert. Das Kinderheim ist von den Oberzeller Franziskanerinnen vor mehr als 30 Jahren gegründet worden, und bietet nun etwa 30 Kindern ein Zuhause.

Vormittags betreue ich die Kinder, die nicht in die Schule oder den Kindergarten gehen und am Nachmittag helfe ich den Schulkindern bei den Hausaufgaben und übernehme andere Tätigkeiten, die im Alltag anfallen.

Voneinander lernen
Aber nicht nur ich bringe den Kindern Neues bei. Dadurch, dass nur die großen Kinder vereinzelt Englisch können, bemühe ich mich, die Sprache Zulu zu erlernen. Die Kinder helfen mir dabei sehr. Mittlerweile beherrsche ich Sätze wie „Sawubona, unjani?“ („Hallo, wiegeht es dir?“), aber auch viele Wörter, die mir den Alltag sehr vereinfachen wie „woza“ („komm her“), hamba („gehe“) oder „khamisa“ („öffne deinen Mund“). Vor ein paar Wochen ist mit Lena eine weitere Freiwillige aus Deutschland in Mbongolwane angekommen. Sie wird für die nächsten fünf Monate im Kinderheim arbeiten, während ich in den Kindergarten wechsle. Einerseits werde ich die Arbeit und die Kinder im Kinderheim vermissen, andererseits freue ich mich auf neue Herausforderungen und Erfahrungen. Das Arbeiten im Kinderheim macht mir sehr viel Spaß. Die Kinder bringen mich immer zum Lachen, egal wie anstrengend der Tag auch sein mag. Außerdem macht es mich sehr glücklich zu sehen, wie die Kinder sich weiterentwickeln. Jeder noch so kleine Fortschritt zählt, den man durch Liebe und Zuwendung erreichen kann.

Reich an Erfahrung
Schon nach sechs Monaten habe ich sehr viele Erfahrungen gesammelt, die mich auch im späteren Leben weiterbringen werden. Durch die Arbeit im Kinderheim weiß ich, dass ich später auch mit Kindern zusammenarbeiten möchte. Ich bin sehr viel geduldiger sowie selbstständiger geworden und empfinde Materielles nicht mehr als ganz so wichtig. Zudem habe ich andere Sichtweisen erfahren, die mich persönlich weitergebracht haben. Vor allem habe ich hier gelernt, in der Gegenwart und nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft zu leben. Ich sehe täglich, wie kleine Dinge eine große Freude hervorrufen können.

Katharina Trautenbach,
weltwärts-Freiwillige