Kloster auf Zeit statt Thailandurlaub

Sophie Schimmerohn verbringt ein Freiwilliges Ordensjahr im Kloster Oberzell – „Ich habe hier unglaublich viel gelacht!“

Oberzell (POW) Raus aus dem alltäglichen Hamsterrad von Arbeit und Konsum: Das ist das Ziel von Sophie Schimmerohn gewesen. Seit April 2020 lebt sie im Konvent Magdala im Kloster Oberzell und arbeitet wöchentlich 25 Stunden als Betreuungsassistentin im Pflegeheim Antoniushaus in Würzburg. Schimmerohn ist nicht katholisch, sondern evangelisch, und hatte mit der Kirche auch „nicht übermäßig viel am Hut“, wie sie es selbst ausdrückt. „Warum bist du nicht einfach nach Thailand an den Strand geflogen?“, haben sie viele gefragt. Schimmerohn hat sich für das Freiwillige Ordensjahr (FOJ) entschieden, da sie sich mit tieferen Themen auseinandersetzen wollte: „Ich hatte den Wunsch, etwas, das mit Glauben zu tun hat, kennen zu lernen“, sagt sie.

„Das Motto vom Ordensjahr ,Nimm dir Zeit für dich‘ hat mich sehr angesprochen“, erzählt Schimmerohn. Sie steckte in einer Lebensphase, in der sie sich genau das gewünscht habe. Die 31-Jährige ist bei ihrer Internetrecherche nach verschiedenen Auszeitmöglichkeiten auf das FOJ gestoßen und so im Kloster Oberzell gelandet. Ansprechpartnerin und Koordinatorin des FOJs ist Schwester Maria Stadler von der Ordensgemeinschaft der Missionarinnen Christi in München. „Nach dem ersten Kontakt habe ich Schwester Maria in München besucht. Wir haben uns unterhalten und kennen gelernt“, erzählt Schimmerohn. Stadler, die alle Klöster, die beim FOJ mitmachen, selbst besucht hat, habe ihr daraufhin das Kloster Oberzell vorgeschlagen. Insgesamt sind auf der Website des FOJs knapp 50 Klöster zu finden, die bei dem Projekt mitmachen. Im Bistum Würzburg ist das Kloster Oberzell bisher das einzige.

„Sophie ist die erste, die das FOJ bei uns macht“, erklärt Schwester Beatrix Barth, Generalrätin der Ordensgemeinschaft. Generell sei die Gemeinschaft immer offen dafür, Gäste und Interessierte bei sich leben zu lassen. „Wir fördern das FOJ besonders, da man dadurch zu sich selbst finden kann“, erläutert Barth. Außerdem ermutige es auch die Mitschwestern. „Es gibt viele ältere Mitschwestern und nur einige jüngere. Es ist ein Hoffnungszeichen, wenn auch Jüngere mit uns leben“, erklärt sie. Das FOJ kann zwischen drei Monaten und einem Jahr lang sein und hat einen flexiblen Startpunkt „Je nachdem, wie es in die individuelle Lebenslage und natürlich auch bei uns reinpasst“, sagt Barth. Schimmerohn plante zunächst, für sechs Monate im Kloster zu bleiben, verlängerte ihre Zeit aber auf ein ganzes Jahr. Barth habe beeindruckt, wie selbstverständlich und schnell sich Schimmerohn auf das Leben im Kloster eingelassen hat.

Auch für sie sei ihre Zeit im Kloster eine „Erfolgsgeschichte“. „Das Schönste am Leben hier im Konvent ist das alltägliche Zusammensein. Die Ausgelassenheit ist besonders schön. Ich habe hier unheimlich viel gelacht“, erzählt Schimmerohn. Sie erlebt das Kloster Oberzell als in der Welt verbunden und sehr engagiert. „Ich bin hier eingebunden und auch berufstätig. Mit der Zeit ist das also so eine Sache. Irgendwo habe ich mehr Zeit dazugewonnen und irgendwo geht auch mehr Zeit drauf. Die Uhren ticken hier trotzdem anders und es ist eine ganz andere Art, sich zuzuwenden – anderen und sich selbst“, beschreibt Schimmerohn ihre Erfahrungen. Die Coronakrise beeinflusst auch den Alltag im Kloster. Die Festlichkeiten finden in abgespeckter Form statt und der Kontakt zu den einzelnen Konventen ist schwächer. Erlebt hat Schimmerohn dennoch viel: Sie war bei einer Ewigen Profess dabei, hat Weihnachten und Ostern miterlebt, den 50. Geburtstag der Generaloberin und ihren eigenen Namenstag gefeiert. „Das hat mich sehr berührt, denn davor habe ich noch nie meinen Namenstag gefeiert“, erzählt Schimmerohn.

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