Jahrestagung Weltkirche und Mission

Vom 4.-6.6.18 konnte ich im Auftrag unserer Gemeinschaft an der Jahrestagung Weltkirche und Mission im Kloster Himmelspforten teilnehmen. Sie stand dieses Jahr unter dem Thema „Religionsfreiheit: Ein umkämpftes Menschenrecht“.

Das Recht auf Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht und hat damit universalen Geltungsanspruch. Und trotzdem wird dieses in vielen Teilen der Erde verletzt oder auch ausgehöhlt. Häufig wird das Leid von Menschen, deren Religionsfreiheit nicht beachtet wird, gar nicht ausreichend gesehen oder wahrgenommen. Das zweite Vatikanische Konzil forderte auch die Wahrung des Rechtes auf Religionsfreiheit und forderte: „Dieses Recht der menschlichen Person auf religiöse Freiheit muss in der rechtlichen Ordnung der Gesellschaft so anerkannt werden, dass es zum bürgerlichen Recht wird.“

Daher gingen die TeilnehmerInnen der Jahrestagung der Frage nach, welchen Beitrag Christen zum Schutz der Religionsfreiheit leisten können.Vier Schritte waren in diesen Tagen geplant:

  • eine theoretische Reflexion des Themas
  • konkrete Vertiefung anhand von vier Ländern
  • Solidarität – was können wir tun?
  • Positionierung, um es auf der politischen Ebene anzubringen

Professor Bielefeldt, der sich seit vielen Jahren mit diesem Thema beschäftigt, gab eine theoretische und sehr prägnante Einführung in das Thema. Er selbst war, neben vielen anderen Tätigkeiten, von 2010-2016 der Sonderbeauftragte der UN für Menschenrechte. Er berichtete aus seiner Erfahrung, dass die katholische Kirche im globalen Kontext in dieser Frage wenig Präsenz zeigt. Zuerst weitete er unseren Blick für Verletzungen der Menschenrechte, die sehr vielfältig sein können und wir es häufig gar nicht wahrnehmen. Es gibt: Verletzungen im Namen der „Wahrheit“ (wahrer Glaube gegen Unglaube), Verletzungen im Namen „kollektiver Identität“ (das Eigene versus das Fremde), Verletzungen im Namen der „Loyalität“ (Kontrolle in totalitäre Staaten).

Was heißt es überhaupt, wenn wir von Religionsfreiheit als einem Menschenrecht sprechen? Es ist ein Recht der Menschen, aller Menschen (universaler Anspruch- also „nicht nur der Frommen, sondern auch der Indifferenten etc“), ein Freiheiheitsrecht (Freiheit zur Sinnsuche, Zeugnis zu geben, Zweifel zu äußern…), es geht um Gleichberechtigung (die gleiche Würde aller) und der Staat ist der Garant der Menschenrechte, d.h. es ist die Pflicht des Staates, dieses Recht zu gewährleisten. In seiner Schlussfolgerung plädierte Prof. Bielefeldt dafür, dass die Religionsfreiheit nicht aus dem Blick geraten darf und im Zusammenhang aller Menschenrechte gesehen werden muss. Es ist allgemein eine Tendenz zur Polarisierung und Fragmentierung wahrnehmbar und dies sollten wir nicht hinnehmen, sondern für die Bewahrung der Religionsfreiheit eintreten. Das Gesamtsystem der Menschenrechte kann aus seiner Sicht nicht ohne Religionsfreiheit gesehen werden: Menschen sind Wesen, die nach Orientierung suchen und für diese unverzichtbare Dimension steht die Religion.

Beispielhaft für alle Religionen hörten wir in kurzen Impulsvorträgen mit anschließender Diskussion etwas darüber, wie das Thema Religionsfreiheit im Islam und im Christentum gesehen und umgesetzt wird.

Anhand von vier Beispielländern blickten wir stellvertretend auf die Lage der Religionsfreiheit in Indien, Pakistan, Kirgistan und auf der Arabischen Halbinsel. Drei Priester und ein Erzbischof aus den genannten Ländern berichteten von ihren Erfahrungen vor Ort, vor allem auch von den Herausforderungen, Schwierigkeiten und dem Auseinanderklaffen von theoretisch garantierter Religionsfreiheit und der tatsächlichen Wirklichkeit. In länderbezogenen Arbeitsgruppen befassten wir uns noch intensiver mit der jeweiligen Situation vor Ort und überlegten, welche Forderungen wir in einer gemeinsamen Erklärung zur Religionsfreiheit als wichtig erachten. Prof. Dr. Hirte, Mitglied des deutschen Bundestages, berichtete von Strategien der Bundesregierung zum Schutz der Religionsfreiheit.

„Entwicklungsarbeit ist ein Langstreckenlauf, kein Sprint,“ sagte Erzbischof Ludwig Schick. Er ermutigte die TeilnehmerInnen sich weiter für Gerechtigkeit, Frieden und Freude für alle Menschen einzusetzen, für ein menschenwürdiges Leben für Alle!

Am Ende der Tagung  verabschiedeten die rund 140 TeilnehmerInnen gemeinsam eine Erklärung zur Religionsfreiheit, deren besserer Schutz darin angemahnt wird:

Erklärung zur Religionsfreiheit der Konferenz Weltkirche bei der Jahrestagung Weltkirche und Mission 2018

Wir, die Teilnehmer der Jahrestagung Weltkirche und Mission bekennen uns zum Recht auf Religions-, Gedanken und Gewissensfreiheit als ein unveräußerliches Menschenrecht von einzigartiger Bedeutung. Das Zweite Vatikanum hat erklärt, dass das Menschenrecht auf Religionsfreiheit in der Würde des einzelnen Menschen gründet. Wir stellen fest, dass der universale Geltungsanspruch dieses Menschenrechts in vielen Teilen der Welt in Frage gestellt, uminterpretiert und ausgehöhlt wird. Seit 1948 erkennen nahezu alle Staaten mit dem Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Recht auf Religionsfreiheit an. Der Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 stellt die Religionsfreiheit zudem unter einen völkerrechtlich verbindlichen Schutz. Die Religionsfreiheit ist ein elementares Freiheitsrecht und wird aus guten Gründen als Herzstück der Menschenrechte bezeichnet. Jeder einzelne Mensch ist Träger dieses Rechts. Verantwortung für den Schutz dieses Menschenrechts trägt in erster Linie der Staat, darüber hinaus aber auch die Gesellschaft sowie jede einzelne Religionsgemeinschaft. Wir müssen feststellen, dass die rechtlichen Instrumente zum Schutz der Religionsfreiheit nicht ausreichen, um dieses Menschenrecht umfassend abzusichern. Deshalb drängen wir auch in unserer Gesellschaft und in unserer Kirche darauf, für das Recht auf Religionsfreiheit im nationalen und internationalen Dialog mit mehr Nachdruck einzutreten, nicht zuletzt bei den Vereinten Nationen. Wir wenden uns gegen jegliche Versuche, Religion zu missbrauchen, um Ressentiments zu schüren. Das gilt sowohl mit Blick auf Deutschland und das Christentum als auch mit Blick auf andere Länder und Religionen. Ebenso verurteilen wir eine Politik autoritärer Staaten, die Religionsausübung um des eigenen Machterhalts willen reglementiert, aufs Engste begrenzt oder ganz unterbindet. Das Recht des Menschen, seine Religion frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen auch öffentlich zu leben, ist immer anzuerkennen und zu schützen. Als weltweite katholische Kirche verstehen wir uns als Anwalt derer, die aufgrund ihrer Religion unter religiöser Diskriminierung und Bedrängung leiden. Dazu gehören in großer Zahl Christen und viele Gläubige anderer Religionen. Es liegt an uns als Christen, mit allen Menschen solidarisch zu sein, die ihren Glauben, ihre Weltanschauung nicht frei leben können. Ihr Leid lässt uns nicht unberührt! Wir setzen uns ein für verfolgte und bedrängte Christen und erheben unsere Stimme auch überall dort, wo Menschen anderen Glaubens in ihrer Religionsfreiheit verletzt werden. Unser Einsatz für die Religionsfreiheit wird auch durch den interreligiösen Dialog gestärkt. Wir wissen uns aus dem Glauben heraus verpflichtet, mit Andersgläubigen und Nichtgläubigen immer wieder den Dialog zu suchen. Ein gelingender Dialog, der den gegenseitigen Respekt der Angehörigen verschiedener Glaubensgemeinschaften öffentlich bezeugt, trägt dazu bei, eben jenen gesellschaftlichen Rückhalt zu stärken, der für eine umfassende Realisierung von Religionsfreiheit notwendig ist. Die Erfahrungen der Konferenzteilnehmer aus vielen Teilen der Welt zeigen exemplarisch: Dort, wo die Religionsfreiheit eingeschränkt wird, werden auch andere Menschenrechte wie zum Beispiel Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit beschnitten. Unser Engagement für die Religionsfreiheit ist deshalb nicht von unserem Einsatz für die Menschenrechte zu trennen. Würzburg, 6. Juni 2018

Sr. Juliana Seelmann