Nach einem langen und erfüllten Leben holte Gott, der gute Hirte, unsere Mitschwester M. Herildis Berger am 22. Oktober in seine ewige Herrlichkeit.

„Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist eine Königin“ – so schrieb es Schwester Herildis selbst noch im hohen Alter auf ein Mandalabild, auf kleine Notizzettel oder eine Serviette. Ich denke, dieser Satz sagt über Sr. Herildis‘ Leben und ihre Einstellung viel aus. Sie war eine Frohnatur, hatte ein gutes Wort für Jede und Jeden und sie sah in jedem Menschen das Königliche und Einzigartige.

Schwester Herildis wurde am 12. Mai 1928 in Otting (Landkreis Donau-Ries) geboren und am 15. Mai 1928 auf den Namen Franziska getauft. Sie war das zweite von vier Kindern der Eheleute Johann und Katharina Berger. Zwei Kinder sind bereits im Säuglingsalter verstorben.

Franziska besuchte von 1934 bis 1942 die Volksschule in Otting. Nach der Schulentlassung kam sie auf ein landwirtschaftliches Gut und war dort im Haushalt bis Februar 1944 tätig. Während dieser Zeit besuchte sie die landwirtschaftliche Berufsschule in Rehau. Nach der Berufsschule beendete sie ihren Dienst auf dem Gut und kam zu ihren Großeltern, um ihnen in der Landwirtschaft und im Haushalt zu helfen.

Geprägt von tiefem Vertrauen

Franziska spürte schon längere Zeit den Ruf Gottes zur Nachfolge. In der Gegend von Donauwörth gab es einige Schwestern von unserer Gemeinschaft, mit denen sie in Kontakt kam. So trat auch sie mit 18 Jahren in unsere Gemeinschaft ein. Schon damals prägte sie ein tiefes Vertrauen, eine Zuversicht und der Blick auf die Not der Anderen. So äußerte sie vor ihrem Eintritt in einem Brief an die Mutter Meisterin, wie sehr sie sich auf den Eintritt freut und gleichzeitig in großer Sorge ist um ihren Bruder, der noch nicht aus der Gefangenschaft zurückgekehrt war. Sie schrieb: „Der liebe Gott wird’s schon recht machen, wenn er- mein Bruder – bis dahin nicht kommt. Wir wissen doch, dass er lebt und es ihm soweit noch gut geht. Aber denken wir an so viele, die noch vermisst, oder an die Flüchtlinge, die nichts mehr haben und oft nirgends Aufnahme finden.“

Nachdem Franziska Geschick zum Nähen und für Handarbeiten hatte, besuchte sie als Kandidatin im September 1947 den einjährigen Staatlichen Sonderlehrgang zur Ausbildung von Handarbeitslehrerinnen im Kloster Oberzell, den sie im September 1948 mit gutem Erfolg abschloss.

Nach ihrer beruflichen Ausbildung kam Franziska ins Postulat, im Mai 1949 ins Noviziat und erhielt den Namen Schwester Maria Herildis. Im Noviziat wurde sie in das klösterliche Leben und in die Spiritualität der Gemeinschaft eingeführt. Nach dem einjährigen Noviziat legte sie 1950 die zeitliche Profess für drei Jahre und 1953 die Profess auf Lebenszeit ab. Sr. Herildis war nun auch für ihren beruflichen Einsatz ausgerüstet.

Ihr erster Einsatz nach der Erstprofess war von 1950 bis 1960 als Handarbeitslehrerin in der Schule in Kirchaich. Kirchaich ist ein Gemeindeteil von Oberaurach im unterfränkischen Lkr. Haßberge. Anschließend war sie sechs Jahre in Wildflecken und von 1966 bis 1994 in Schonungen als Handarbeitsschwester, das letzte Jahr dort im Haushalt. Sr. Herildis war in Schonungen sehr beliebt. Neben ihren Aufgaben in Schule und Konvent widmete sie sich mit großer Hingabe dem Dienst in der Pfarrei durch Blumenschmuck, Pflege der Kirchenwäsche, Ministrantenkleidung oder übernahm, wenn nötig, den Dienst als Mesnerin.

43 Jahre lang in der Schule tätig

Insgesamt war Schwester Herildis 43 Jahre in der Schule tätig und hatte große Freude daran, junge Menschen in die Kunst der Handarbeiten einzuführen und sie dafür zu begeistern. Sie selbst sagte dazu: „Handarbeiten waren schon als Kind mein Hobby. Ich mag es, dass es sowohl für mich selbst als auch für die Mitmenschen einen Nutzen hat.“

1994 wurde Schonungen aufgelöst und Schwester Herildis wurde nach Rechtenbach versetzt, wo sie bis 2011 gemeinsam mit Schwester Linhildis und Schwester Rotrude lebte. Neben ihrer Tätigkeit im Haushalt setzte sie sich ebenfalls sehr im kirchlichen Bereich ein. Dafür erhielt sie die Maria Heimsuchung-Medaille als Zeichen des Dankes und der Anerkennung. In Rechtenbach ließ sie es sich auch nicht nehmen, an der traditionellen Fahrradwallfahrt nach Retzbach teilzunehmen, ebenso war sie bei allen Festen oder Faschingsfeiern gerne dabei.

Noch heute erkundigen sich die Rechtenbacher nach ihrem „Flieg-Engelchen“ – ein liebevoller Kosename, der ausdrückt, dass sie für viele Menschen dort ein Engel war, der zur rechten Zeit einen Besuch abstattete. So brachte Sr. Herildis vielen Menschen die Krankenkommunion, betete mit ihnen, teilte deren Sorgen und Nöte und schenkte ihnen ganz einfach ihre Zeit.

Seit November 2011 verbrachte sie ihren Lebensabend im Franziskushaus. Auch dort war für sie das Handarbeiten weiterhin sehr wichtig. So konnte man sie manches Mal sogar nachts beim Licht der Straßenlaterne beim Handarbeiten antreffen. Das Nähzimmer dort war ein sehr beliebter Ort. Gerne verschenkte sie ihre gestrickten Decken oder Mützen und machte Anderen damit eine Freude. Aus gesundheitlichen Gründen kam sie 2021 ins Antoniushaus.

Für jede und jeden ein offenes Ohr und ein gutes Wort auf den Lippen

„Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist eine Königin.“ Schwester Herildis war ein froher und zufriedener Mensch und hatte viel Gemeinsamkeit mit ihrem Namenspatron, dem hl. Franziskus. Mit kindlicher Freude liebte sie die Menschen, die Natur, die Vögel und alles, was um sie war, und unternahm gerne kleine Ausflüge im Gelände. Auch das Singen liebte sie bis ins hohe Alter. Für jeden hatte sie ein offenes Ohr und ein gutes Wort auf den Lippen. Schwester Herildis war aber auch ein sehr willensstarker Mensch, was im Alter vielleicht noch deutlicher spürbar wurde. Wenn sie sich etwas vorgenommen hatte, dann war es schwer, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.

Neben Freude, Zufriedenheit und Treue gibt es noch ein weiteres wichtiges Wort, eine Eigenschaft in Schwester Herilidis‘ Leben – der Dank. Sie war dankbar für ihr Leben, für jede kleine Aufmerksamkeit, für ihre Familie, ihre Arbeit und die Mitschwestern. Obwohl sie in letzter Zeit immer deutlicher ihre Vergesslichkeit spürte, bewahrte sie sich diese Haltung der Dankbarkeit auch in Krankheit und schwierigen Tagen.

Seit Monaten sehnte sie sich danach, heimzugehen zu Gott. Ihre Kräfte ließen immer mehr nach und sie sprach ganz bewusst vom Sterben. In Telefongesprächen mit ihrem Neffen sprach sie mit einem Lächeln und einer Standhaftigkeit davon, bald alle im Himmel wiederzusehen. Sie strahlte bis zuletzt eine Zufriedenheit aus – mit sich, den Mitarbeiterinnen und ihren Mitschwestern gegenüber, die sich um sie kümmerten. In einer unserer letzten Begegnungen lag sie im Bett im Kreis der Mitschwestern am Brunnenplatz, wo gemeinsam gesungen wurde. Trotz ihrer nachlassenden Kräfte sang sie von Herzen mit, freute sich über die Musik und bedankte sich am Ende für meine Gesellschaft und die Zuneigung, die sie erfahren hatte.

So schlief Schwester Herildis am 22. Oktober ganz ruhig und mit einem Lächeln auf den Lippen ein. Du, der gute Hirte, hast sie empfangen und aufgenommen in Dein Licht. Möge sie ruhen in Frieden.

Sr. Juliana Seelmann