Wie im Kloster Oberzell das Marienfest vorbereitet und gefeiert wird.
Es ist schon lange Tradition im Kloster Oberzell, dass zu Mariä Himmelfahrt von Schwestern und Ehrenamtlichen Heilkräuter gesammelt und zu farbenfrohen Sträußen gebunden werden. Am 15. August werden diese im Gottesdienst, einem festlichen Höhepunkt, geweiht. Dieser Brauch wird nicht nur in vielen Kirchen in Mainfranken gepflegt, sondern auch in katholisch geprägten Regionen wie dem Allgäu oder Tirol. Der Glaube an den Heimgang Mariä reicht bis zu den Kirchenvätern zurück, und das Fest ist eines der ältesten Marienfeste. Bereits im 7. Jahrhundert ist es in Franken nachweisbar.
Duftende Lilien in Marias Grab
Die Kräuterweihe basiert auf der Legende, dass nach der Öffnung des Grabes von Maria statt eines Leichnams herrlich duftende Blumen, vor allem Lilien, vorgefunden wurden. Mariä Himmelfahrt markiert zugleich den Beginn der „Frauendreißiger“, einer besonderen Marienzeit bis zum 14. September, in der den gesammelten Pflanzen eine besondere Heilkraft zugesprochen wird. Früher sammelte man in dieser Zeit die Kräuter für die Hausapotheke im Winter. Sr. Margit Herold bezeichnet Mariä Himmelfahrt auch gerne als „Erntedankfest der Kräuter“, da Mitte August viele Heilpflanzen in voller Blüte und höchster Kraft stehen.
Königskerze in der goldenen Mitte
Die Sträuße werden unterschiedlich genannt: Kräuterbüschel, Würzbüschel, Kräuterpalmen oder Weihbüschel. Zum Binden verwendet man vor allem Marienblumen und Frauenkräuter wie Labkraut, Beifuß, Wermut, Salbei, gelbe Schafgarbe, Wilde Möhre, Heckenrose, Wegwarte, Spitzwegerich, Baldrian, Hirtentäschel, Thymian und Johanniskraut. Ein großer Teil der Kräuter stammt aus dem Oberzeller Heilkräutergarten, wo sie Sr. Reingard Memmel mit Helferinnen am Vortag abgeschnitten und sie in Eimern über Nacht wässerte. Einige Frauen bringen auch Rosen, Ähren und Küchenkräuter mit, damit die Büschel besonders farbenfroh und duftend werden. „Häufig wird in die Mitte des Kräuterbüschels die Königskerze gebunden“, weiß Ehrenamtliche Gesine Schultz. „Sie ist auch unter den Namen Donner- und Blitzkerze, Himmelsbrand, Marienkerze, Muttergotteskerze oder Wetterkerze bekannt, die ihre Bedeutung in Brauchtum und Volksheilkunde erahnen lassen. Früher hat man den geweihten Strauß mit der Königskerze im Dachfirst aufgehängt, damit er Menschen und Tiere gegen Blitzschlag schützen sollte.“ ergänzt die Biologin begeistert.
Sieben bis 77 verschiedene Kräuter
Früher musste der Kräuterbüschel aus mindestens sieben oder neun verschiedenen Kräutern bestehen und auch Zahlen zwischen 33 und 77 sind überliefert. Heute gibt es keine festen Regeln mehr. Dieses Jahr werden eher kleine Sträuße gebunden, weil sie lieber mitgenommen werden. Sr. Reingard Memmel fährt die Eimer voller Sträuße vom Heilkräutergarten zur Kirche, wo sie kühl zwischengelagert werden. Am nächsten Morgen verteilt sie die Eimer auf dem Kirchenvorplatz, da gleich die ersten Gottesdienstbesucher kommen. Auch der Obst- und Gartenbauverein Zell ist aktiv und bringt Wannen voller eigener Sträuße, die ebenfalls gegen eine Spende für einen guten Zweck verteilt werden.
Farbenfrohes in der vollen Klosterkirche
Nach und nach leeren sich die Eimer, und die Sträuße leuchten in der voll besetzten Kirche auf Bänken, Stühlen und dem Boden in vielen Farben, wobei Gelbtöne überwiegen. Der festliche Gottesdienst wird musikalisch von Promusica Zell am Main e.V. umrahmt. Sr. Reingard gestaltet die Fürbitten, in denen sie Vergleiche zu den Heilkräutern zieht. segnet nicht nur die Sträuße, sondern erzählt auch die Hintergründe von Mariä Himmelfahrt. Und wenn Pfarrer Gerold Postler die Sträuße segnet, dann wird sichtbar, wie lebendig eine alte Tradition auch heute noch sein kann. Ein herzliches Dankeschön gilt allen Helferinnen und Ehrenamtlichen, die dieses besondere Fest ermöglicht haben.
Impressionen