Musiklehrerin mit Leib und Seele

„Lobt Gott mit dem Schall der Hörner, lobt ihn mit Harfe und Zither! Lobt ihn mit Pauken und Tanz, lobt ihn mit klingenden Zimbeln“. Diese Worte aus Psalm 150 passen zu Schwester Dolores, die am 25. Februar 2022 mit 90 Jahren in unserem Pflegeheim Antoniushaus gestorben ist. Geboren wurde sie am 19. Dezember 1931 in Forst, Landkreis Schweinfurt, und auf den Namen Erika getauft.

Ihr Vater wurde 1944 in den Krieg eingezogen und war seit Frühjahr 1945 vermisst. So musste die Mutter allein für die Familie sorgen. Sie arbeitete bei einem Bauern, um ihre knappe Rente aufzubessern. Als Älteste musste Erika den Haushalt versorgen und trug Verantwortung für ihre fünf jüngeren Geschwister. Neben dem Schulbesuch beteiligte sie sich gern am religiösen Leben, sang im Kirchenchor mit und leitete mit Ge­schick und Idealismus eine Mädchengruppe. Schon früh erwachte in ihr der Wunsch, ins Kloster und in die Mission zu gehen.

Mit 19 Jahren trat Erika 1951 in unsere Gemeinschaft ein. Als Kandidatin besuchte sie das Kindergärtnerinnen-Seminar St. Hildegard in Würzburg und legte 1953 die staatliche Prüfung ab. Nach ihrer Ausbildung wurde sie im Oktober 1953 ins einjährige Noviziat aufgenommen und erhielt ihren Ordensnamen Schwester M. Dolores. Im Oktober 1954 legte sie die zeitliche Profess ab. Anschließend lernte sie im Mutterhaus Englisch und bereitete sich zusammen mit Sr. Erharda Lang und Sr. Christine Heinlein auf ihren Missionseinsatz vor. Nach dreiwöchiger Schifffahrt landeten sie im südafrikanischen Durban. Dort wurden sie von den anderen sechs Schwestern erwartet. Während eines Besuches im Zululand nahm Generaloberin Lotharia Wehner am 8. Dezember 1957 ihre Profess auf Lebenszeit entgegen.

Als sie 50 Jahre in Südafrika wirkte, schrieb Sr. Dolores rückblickend: „Ich kam 24. Januar 1955 mit dem Schiff hier im Zululand an. Singen und Musik gehörten zu meinen Lieblingsfächern. Kurz bevor ich die Reise nach Südafrika antrat, wurde ich gebeten, in der Schule in Eshowe den Musikunterricht zu übernehmen. ‚Wie soll das werden mit meiner wenigen Ausbildung in Musik‘ fragte ich. Aber unsere Generaloberin, Sr. Baptista Nagel, beruhigte mich und erklärte mir, dass ich in Afrika erst eine Ausbildung machen werde. Als Pater Albert Herold mich vom Schiff abholte, meinte er scherzend: ‚Nun Schwester, wie viel wissen und können sie von der Musik?‘ Ich sagte zu ihm: ‚Noch nicht viel, nur ein paar Tonleitern.‘ Im April durfte ich schon nach Empangeni zu den Deutschen Okford Dominikanerinnen zum Musikunterricht. … Wir wohnten in einer Blechhütte. Oft, wenn es stark regnete, hatten wir Wasser im Haus. Wir öffneten die Türen und kehrten das Wasser hinaus. Bald kam von den Eltern die Anfrage, auch einen Kindergarten dort zu eröffnen. Da ich Kindergärtnerin bin, habe ich mich bereit erklärt zu helfen. Als Musikstudentin habe ich auch den Kindergarten mit zwölf Kindern übernommen und so wurde ich zur Mitbegründerin des Kindergartens der Dominikanerinnen, der 2006 das 50-Jährige feiert und sich jetzt zu einer großen, sogenannten Pre-Primery School entwickelt hat. … Ich durfte schon als Studentin in Eshowe ab 1957 Musikunterricht geben. Als Studentin hatte ich aber weiterhin jeden Samstag im 80 Kilometer entfernten Empangeni Unterricht, und jedes Jahr bis 1962 ein Examen unter dem College zu absolvieren und erhielt das Certificat als Musiklehrerin. In unserer Schule gebe ich immer noch den Gesang- und Musikunterricht. … Wichtig sind für mich die wöchentlichen Schulgottesdienste. Alle Kinder, ganz gleich welcher Religionsgemeinschaft sie angehören, sind als betende Gemeinschaft vereinigt. Wir erleben wie durch Gesang und Musik Gott die Ehre gegeben wird.“

Im Konvent in Eshowe gestaltete sie Geburts- und Namenstage oder Jubiläen festlich mit Liedern, Hymnen und instrumentaler Begleitung durch alle Schwestern. Mehr als 50 Jahre unterrichtete sie Musik an der Holy Childhood Schule, leitete den Chor sowie Instrumentalgruppen. Ihre Musik- und Gesangsschüler*innen nahmen an musikalischen Prüfungen der englischen Universität Oxford teil. Ihr Schulchor gewann bei Schulchorfestivals hervorragende Preise. Ab 1972 gestaltete sie wöchentliche Schulgottesdienste. Eine Zeitlang unterrichtete sie an der Little Flower School in Eshowe. Jahrzehntelang spielte sie die Orgel in der Gemeinde Sunnydale.

Freundlich, aufgeschlossen und humorvoll

Sie war eine freundliche, aufgeschlossene Persönlichkeit mit einem guten Sinn für Humor und stand in Kontakt mit Schwestern aller Ordensgemeinschaften im Zululand. Künstlerisch begabt dekorierte sie bei Festtagen und entwarf „Faden-Grafiken“. Auf diese Weise fertigte sie Geschenke an, die sehr geschätzt wurden. Mit ihrem grünen Daumen kümmerte sie sich um die Pflanzen in der Gemeinde. Lesen war für sie eine wahre Freude. Dabei erwarb sie gutes, wertvolles Wissen, das sie freimütig mit allen Interessierten teilte. Sie hörte täglich die Nachrichten und teilte sie im Konvent, genauso wie Erinnerungen aus ihrer Heimat. Ihre Begabungen gab sie an Interessierte weiter und unterrichtete auch jüngere Schwestern im Klavierspielen und auf der Gitarre.

53 Jahre lang war Sr. Dolores Musiklehrerin an der Schule in Eshowe und gab auch Privatunterricht. Auf der Facebook-Seite der Holy-Childhood-Schule haben sich seitenweise Ehemalige gemeldet. Drei sollen stellvertretend zu Wort kommen.

  • Janey Chennells schreibt: „Was für eine fantastische Musiklehrerin Schwester Dolores war! Jedes Kind verließ das Kloster mit einem guten Gefühl für Musik und konnte ein Instrument spielen, selbst wenn es die Triangel war!“ Die Familie Chennells erinnert sich mit Liebe an sie.“
  • Julie Ann Wilkinson wendet sich direkt an Sr. Dolores: „Sie waren maßgeblich an meiner Liebe zur Musik beteiligt… Ich lernte Blockflöte, Gitarre und Orgel mit Ihrem festen, fairen und fachkundigen Unterricht! Ich liebte es, donnerstags und sonntags in der Messe zu spielen, sowohl in der St. Benedict’s Kathedrale als auch in der Kirche von Sunnydale. Ich liebte unsere Musikstunden, auch wenn ich meine Theorie-Hausaufgaben oft erst in letzter Minute abgab. Sie haben immer gelächelt, Ihre Brille auf der Nase gerückt und mir verziehen! Ich habe die Briefe geliebt, die Sie mir als Erwachsene geschrieben haben, die Karten, die Sie für mich und meine Mädchen gebastelt haben, und die Pläne, die wir uns gegenseitig geschrieben hatten, um Sie in Deutschland zu besuchen. Es bricht mir das Herz, dass das nie geschehen ist. Ich werde mich immer an Sie erinnern und an die unauslöschlichen Spuren der Liebe, die Sie in meinem Herzen hinterlassen haben.“
  • Und Nokuphila Fanele Ngema schreibt: „Engangifuni bakithi. Meine Musiklehrerin. Möge ihre Seele in Frieden ruhen…“

Natürlich pflegte Sr. Dolores auch die Beziehung zu ihren Angehörigen. Bei ihren Verwandten hieß sie nur die „Afrikatante“. Auch im Heimaturlaub wurde in der Familie gesungen und musiziert. Dann besuchte die Afrikatante mit ihrem Kinderchor Pflegeheime. Das Material für ihre Grußkarten, die sie stapelweise bastelte, schickten ihr die Angehörigen mit Paketen. Umgekehrt packte sie in ihren Koffer kiloweise Mitbringsel. Glücklich war sie, dass sie ein Teil ihrer Familie in Südafrika besucht hatte. Sie hat immer Witze erzählt, und ihr Lachen war einfach ansteckend.

Sr. Katharina Ganz, Generaloberin