Eine starke Frau mit vielen Talenten

Am 6. August rief der auferstandene Jesus Christus unsere Mitschwester M. Elkana Griebel zu sich in sein ewiges Licht. Das Licht der Welt erblickte Waltraud Theresia Griebel am 29. Juli 1928 in Schönau an der Brend im Landkreis Bad Neustadt/Saale. Als viert geborene von acht Kindern wuchs sie in der Landwirtschaft ihrer religiösen Familie auf.

Waltraud besuchte die Volksschule in Schönau und anschließend die Berufsschule in Bischöfsheim/Rhön. Danach half sie im elterlichen Betrieb mit. Erst vor wenigen Wochen hat sie erzählt, dass sie schon früh den Wunsch hatte, ins Kloster zu gehen. Sie wollte aber erst, wie sie sagte, „die Welt von außen anschauen.“

So war sie ab 1947 im Städtischen Krankenhaus in Frankfurt und im Haushalt eines Zahnarztes in Geisenheim bei Rüdesheim am Rhein angestellt. Auf den Wunsch ihrer Eltern kam sie 1949 wieder nach Schönau zurück, um daheim mitzuhelfen. 1951 besuchte Waltraud die einjährige landwirtschaftliche Haushaltungsschule in Bischofsheim. Zu der Zeit wollte sie bereits am liebsten nach Afrika, aber es war ihr klar, dass sie dafür ins Kloster gehen müsse. Pater Ballweg von den Missionaren der hl. Familie von Lebenhan habe ihr abgeraten: „Was willst Du denn auch noch im Kloster? Wir brauchen auch gute Familien.“ Sie habe aber ihren Schritt nie bereut.

Im September 1953 trat Waltraud in unsere Gemeinschaft ein, nachdem ihre beiden Schwestern Nicetas und Ingrid vier Jahre vorher bei uns eingetreten waren. Ein Bruder trat bei den Missionaren von der Hl. Familie in Lebenhan ein. Als Kandidatin absolvierte sie erfolgreich den Krankenpflegekurs im Juliusspital Würzburg. Zur Vorbereitung auf ihren Einsatz in der Mission sammelte sie noch ein weiteres Jahr lang praktische Erfahrungen auf verschiedenen Stationen des Juliusspitals, im Luitpoldkrankenhaus, in der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik, auf einer Infektionsstation und in der Frauenklinik.

Nach der beruflichen Ausbildung wurde Waltraud 1956 in das einjährige Noviziat aufgenommen und erhielt bei ihrer Einkleidung den Namen Maria Elkana. Im Oktober 1957 legte sie die zeitliche Profess ab. Anschließend arbeitete sie noch drei Jahre in der ambulanten Krankenpflege in St. Hildegard und in unserer Krankenstation im Antoniushaus. Ihre Profess auf Lebenszeit legte sie am Fest des hl. Franziskus 1960 ab.

1961 in die Mission nach Afrika

Zusammen mit Sr. Rosa Drescher und Sr. Lucella Anderer erhielt Sr. Elkana am 8. Januar 1961 von Weihbischof Alfons Kempf die kirchliche Sendung und das Missionskreuz. Zehn Tage später reisten die drei Missionarinnen drei Wochen lang mit dem Schiff ins Zululand. In Südafrika lernten die Schwestern Englisch und Zulu und mussten sich noch einmal eine Qualifikation in der Krankenpflege erwerben, da ihr deutscher Abschluss dort nicht anerkannt wurde. 1963/1964 besuchte Sr. Elkana noch einen Hebammenkurs in Nongoma.

Von Dezember 1964 bis 1988 war Sr. Elkana in Mbongolwane als Krankenschwester eingesetzt. Das Hospital war damals noch sehr einfach, oft überfüllt und es war nicht immer ein Arzt anwesend. Deshalb waren die Schwestern auch nachts Ansprechpartnerinnen. Erst im Laufe der Zeit wurde das Gebäude ausgebaut und erweitert. Sr. Elkana hat sich vor allem der Armen angenommen. Bei ihrem Ausscheiden hinterließ sie im Krankenhaus tiefe Spuren. Trotz der Zeit der Apartheid waren die Schwestern, Patient*innen und Mitarbeiter*innen wie eine große Familie. Auch wenn viel los war, standen die Patienten im Mittelpunkt. Vielen Kranken konnte das Leben gerettet werden.

Am 1. September 1978 wurden das Krankenhaus und die Krankenpflegeschule von Mbongolwane von der Regierung in Kwa-Zulu/Natal übernommen. Dennoch blieben unsere Schwestern weitere zehn Jahre als Angestellte dort.

Gemeinsam ein Kinderheim gegründet

Danach übernahm Sr. Elkana im Alter von 60 Jahren zusammen mit Sr. Lucella und Sr. Gottlinde noch einmal eine völlig neue Aufgabe. Sie gründeten in Mbongolwane 1988 das Kinderheim St. Josef, in dem verwaiste, verwahrloste oder misshandelte Kinder Aufnahme fanden. Es gab so viele Kinder, die Gewalt erlebt oder die keinen Menschen mehr hatten, der sich um sie kümmerte. Die Kinder waren ihr ans Herz gewachsen. Sie war sehr geschätzt und beliebt.

Julia Scharnagl lebte mit ihrer Familie sechs Jahre in Eshowe und war im Rahmen eines Entwicklungshilfeeinsatzes in unserem Kinderheim angestellt. Es entstand eine enge Freundschaft mit Sr. Elkana. Julia schreibt:

„Schwester Elkana war für uns eine besondere Frau voller Demut und Weisheit. Sie verkörperte für uns als Laien den Inbegriff einer Schwester, die den franziskanischen Gedanken lebte. Sie dachte immer zuerst an die anderen und stellte sich selbst ganz hinten an. Sie gab sich stets mit wenig zufrieden und Ihre positive Einstellung dem Leben und der Welt gegenüber war unerschütterlich. Ihr besonderer und trockener Humor, und die Fähigkeit sich mit einer augenzwinkernden Gelassenheit vielen Herausforderungen zu stellen, waren Eigenschaften, die ihr das Leben in Afrika erleichtert haben und sie neben vielem anderem so liebenswert machten. Sie hatte sich perfekt ins afrikanische Leben integriert, die Menschen vor Ort respektiert und gemeinsam mit ihnen in jahrzehntelanger Arbeit etwas aufgebaut und entwickelt. Das Kinderheim St. Joseph war ohne sie nicht denkbar und wird auf ewig mit ihrem Namen verbunden sein. Wir haben viel von ihr gelernt und sind dankbar, dass wir für einige Jahre den Weg an ihrer Seite gehen durften.

Die Kinder im Kinderheim St Joseph liebte sie sehr – und umgekehrt. Bis zum letzten Tag dort kam sie täglich vom Konvent ins Kinderheim, um sie zu besuchen. Jedes Mal hatte sie Süßigkeiten in ihren Taschen und keiner der 30 Schützlinge ging jemals leer aus. Menschen, die von Schwester Elkana in ihrem Leben begleitet wurden, waren voller Dankbarkeit und Liebe für sie. Ein Beispiel ist eine jetzige Mitarbeiterin des Kindergartens in Mbongolwane, damals selbst Bewohnerin des Kinderheims. „I love you Sister Elkana“ – diese Worte waren nicht nur von ihr zu hören, sondern von allen Kindern und Mitarbeiterinnen in Mbongolwane.“

Lebensfroh, energievoll, humorvoll, gewissenhaft und ehrlich

Von der Missionsstation und Pfarrei in Mbongolwane war Sr. Elkana nicht wegzudenken. Als sie 2019 zurück ins Mutterhaus ging, hinterließ sie eine riesige Lücke. Mehr als 20 Jahre hat sie im Kinderheim gearbeitet. Unsere Mitschwestern aus der Region der hl. Klara beschreiben sie als lebensfroh, energievoll, humorvoll, gewissenhaft und ehrlich. Sie hatte viele Talente. Unter anderem liebte sie das Singen und Musizieren. Mit ihrer Gitarre hat sie an besonderen Festtagen den Gottesdienst gestaltet. Sr. Elkana war eine sehr starke Frau, sogar wenn sie krank war oder Schmerzen hatte, hat sie nicht aufgegeben. Sie sagte: „Hilf mir nicht, wenn ich es alleine machen kann!“

Nach 58 Jahren in Südafrika kehrte Sr. Elkana im März 2019 nach Deutschland ins Mutterhaus zurück. Im November 2020 wurde sie mit Sr. Nicetas in den Konvent Padua versetzt. Nun waren alle drei Geschwister im Antoniushaus vereint. Allmählich ließen die Kräfte von Sr. Elkana nach und sie wurde aus gesundheitlichen Gründen im Mai 2022 auf die Pflegestation verlegt.

Im Juni konnte sie noch ihr eisernes Professjubiläum feiern. Ihren 94. Geburtstag beging sie vor kurzem im Krankenhaus. Sie war anschließend froh, wieder zu Hause zu sein, wo sie im Kreise ihrer Mitschwestern – nicht zuletzt derer, mit denen sie jahrzehntelang in Südafrika gelebt und gewirkt hat, Abschied nehmen konnte.

Sr. Katharina Ganz