Sr. Katharina befindet sich gerade bei den Mitschwestern in Südafrika in der Provinz Kwa-Zulu/Natal. Die schweren Regenfälle haben die Konvente in Eshowe und Mbongolwane zum Glück bisher ohne Schäden überstanden. Sie schickt ihre Gedanken zu den Ostertagen.
Impuls zum Ostersonntag
Ich liebe Schmetterlinge. Bei einer Wanderung im hügeligen Land hinter unserem Schwesternkonvent im südafrikanischen Mbongwolane habe ich vor einigen Tagen ein paar wunderschöne Exemplare entdeckt. Leichtflügelig und geräuschlos schweben diese „Kinder der Luft“ von Blüte zu Blüte, überlassen sich völlig unbeschwert dem Wind und lassen sich frei nieder, naschen Nektar und fliegen dann weiter. Für mich zeugen diese farbenfrohen Kreaturen von der Vielfalt, Schönheit und Kreativität der Schöpfung. Freilich verweisen sie in ihrer Zartheit auch darauf, wie gefährdet und verletzlich alle Wesen sind.
Und: Schmetterlinge sind für mich ein anschauliches Beispiel für das Wunder der Verwandlung. Vor einigen Jahren konnte ich in einem Schmetterlingshaus alle Stadien ihres Lebens bewundern. Schon die Raupen weisen vielfältigste Größen, Formen, Farben und Musterungen auf. Gut getarnt und unter Zweigen oder Blättern versteckt, verpuppen sie sich dann im Verborgenen. Irgendwann befreit sich ein völlig neues Wesen aus der sie umgebenden Hülle, quetscht sich aus der Enge der Kapsel und entfaltet seine zarten Flügel. Als Schmetterling trotzt er den Gesetzen der Schwerkraft und strebt dem Licht zu. Deshalb gilt der Schmetterling seit urchristlichen Zeiten als Symbol für Tod und Auferstehung Jesu.
Als Christ*innen sind wir gefragt, nicht nur an die Wirklichkeit der Auferstehung zu glauben, sondern auch zu bezeugen, was wir an Ostern feiern. Der christliche Glaube wird auch in unserer Zeit seine überzeugende Kraft entfalten, wenn es uns gelingt, die Liebe Jesu erfahrbar zu machen. Beim Mittagessen im Konvent unserer Schwestern in Eshowe habe ich vorhin lange mit Kardinal Wilfried Napier diskutiert, wie das gehen kann. Napier ist derzeit Administrator des Bistums Eshowe. Vorher war er Erzbischof von Durban. Einig waren wir uns, dass wir als Kirche und Ordensgemeinschaft den Menschen beistehen wollen, die bei den jüngsten Überschwemmungen in Durban und den umliegenden Gebieten alles verloren haben.
Ich habe ihm versprochen, dass wir in Deutschland eine Spendenaktion für die Betroffenen ins Leben rufen, und er hat mir zugesichert, dass das Geld bei den Bedürftigen ankommen wird. Denn Auferstehung kann auch ganz wörtlich bedeuten: Wieder aufstehen zum Leben!
Wenn auch Sie helfen wollen, spenden Sie an:
Kloster Oberzell Verwendungszweck: Flutopfer Durban
IBAN: DE68 7509 0300 0503 0180 08
LIGA-Bank, BIC: GENODEF1M05
Von Herzen wünsche ich allen, die diese Zeilen lesen, eine frohe, gesegnete Ostern und Auferstehungserfahrungen mitten, in allem und trotz allem Leid und Tod!
Ihre Sr. Katharina Ganz (Generaloberin)
Impuls zum Karsamstag
Das Wochenende vor meinem Flug nach Südafrika habe ich mit einigen Mitschwestern in Münsterschwarzach verbracht. Das Foto stammt aus der Krypta unterhalb der Abtei. In alten romanischen und gotischen Kirchen suche ich mit Vorliebe diese unterirdischen Räume auf. Sie atmen eine jahrhundertelange Tradition, strahlen Geborgenheit aus und verfügen über eine bezaubernde Akustik. Manchmal riecht es in den verborgenen Säulenhallen auch ein wenig moderig. In Krypten setze ich mich gerne hin, werde ruhig und andächtig.
Der Karsamstag ist so ein kryptischer Tag. Ein Zwischentag, an dem Jesus nach seiner Abnahme vom Kreuz ins Grab gelegt worden ist. Auf manchen Ikonen steigt er am Karsamstag in die Unterwelt hinab. Das Ende ist noch völlig offen. Ostern noch nicht in Sicht.
Im Alltag ist der Karsamstag oft von Vorbereitungen auf das große Osterfest gekennzeichnet und geht oft in seiner Bedeutung unter. Dabei stellt er eine wichtige Zäsur dar. Der Wendepunkt ist vergleichbar mit der kurzen Pause zwischen Ein- und Ausatmen. Im Medizinischen bezeichnet das Wort Krise den entscheidenden Moment, an dem sich entscheidet, ob ein Patient wieder genest oder stirbt. Im Hinblick auf unsere religiösen Gemeinschaften beschleicht mich manchmal so ein Karsamstagsgefühl.
Wir sind am Loslassen. Überall werden Konvente geschlossen, jedes Jahr sterben in Deutschland fast 1.000 Ordensleute. Komplexe Klosteranlagen suchen nach neuen Nutzungen. Das ist mit viel Mühe und Kraftanstrengung verbunden. Die Transformationsprozesse binden Energie und kosten meist viel Geld. Patentrezepte sind rar, was die Zukunft bringen wird. Es ist eher ein Tasten und Suchen, als ein (Bescheid-)Wissen.
Beim Synodalen Weg, den die Kirche in Deutschland eben beschreitet, habe ich ein ähnliches Empfinden: Wenn wir ehrlich sind, wissen wir nicht, wohin uns der Weg führt. Oder besser: Wir wissen nicht, wohin Gott uns in all den Unsicherheiten führt. In der Johannespassion heißt es über das Sterben Jesu: Er hauchte seinen Geist aus. Wörtlich müsste man richtig übersetzen: Jesus haucht seinen Geist hin. Damit gibt er sich und sein Leben bewusst Gott zurück. Er stirbt nicht einfach und ist dann tot, sondern überlässt sich Gott. Das macht den entscheidenden Unterschied. Noch ist wie in einer Krypta verborgen, was danach kommt. Mir gefällt am Karsamstag, dass nicht alles aus und vorbei ist. Sondern: Jetzt ist Gott am Zug.
Krypta, Münsterschwarzach (Foto: Sr. Katharina)
Impuls zum Karfreitag
Nach den schrecklichen Überflutungen im Ahrtal im vergangenen Jahr sehen wir in diesen Tagen wieder ähnliche Bilder. Diesmal kommen sie aus der Provinz Kwa-Zulu/Natal in Südafrika.
Hier hat es in den letzten Tagen und Wochen nach der langen Trockenheit in den vergangenen Monaten heftig und anhaltend geregnet. Nun wurden in der Millionenstadt Durban und in den angrenzenden Gebieten am Indischen Ozean tausende Häuser zerstört. Slums wurden dem Erdboden gleich gemacht. Aber auch solid gebaute Neubausiedlungen haben die enormen Wassermassen einfach weggerissen. Brücken und Straßen wurden unterspült und sind unpassierbar geworden. Die Zahl der Toten beträgt inzwischen mehrere hundert Tote, und immer noch werden viele Menschen vermisst.
Bei meiner Ankunft in Durban am Dienstagabend, 11. April, konnte ich das Ausmaß der Zerstörung in und um Durban weder aus der Luft noch bei der anschließenden Autofahrt sehen, weil es schon dunkel war. Teile der Autobahn N 2 waren von den Überschwemmungen betroffen. Die Polizei leitete den Verkehr auf die Gegenfahrbahn um. Erst am nächsten Tag sah ich die Bilder der katastrophalen Verwüstungen im Fernsehen. Leider sind für das Osterwochenende weitere heftige Regenfälle angekündigt.
Unsere Konvente in Eshowe und Mbongolwane liegen auch in der Provinz Kwa-Zulu/Natal, allerdings gut eineinhalb Autostunden entfernt von Durban. Hier in der Gegend gab es schwere Regenfälle. Gott sei Dank blieben schwere Sturzfluten oder Stürme aus. Verwandte einer Schwester haben dagegen ihr ganzes Hab und Gut verloren. Mitarbeiter*innen kennen Menschen, deren Firma nicht mehr steht. Dabei haben viele schon während der Coronapandemie heftige Einbußen erlitten oder ihre Arbeit verloren.
In den Kreuzwegstationen und in der Liturgie des Karfreitags können wir das Leid, die Not, die Verzweiflung und den grausamen Tod dieser Menschen vor Gott tragen. Beim Beten des Kreuzwegs können wir uns aber auch mit all den Menschen verbinden, die Leid lindern, das Kreuz mittragen helfen, die Wunden verbinden, Tränen trocknen und Trost spenden durch ihr schlichtes Dasein und Mitgehen. Sie können nicht verhindern, was geschieht, aber es leichter machen, denn immer noch gilt: Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.
Kreuz vor der hügeligen Landschaft am Friedhof
in Mbongwolwane (Foto: Sr. Katharina)
Impuls zum Gründonnerstag
In diesen drei heiligen Tagen begehen wir wieder das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu. In der Liturgie des Gründonnerstags heißt es: „In der Nacht, da er verraten wurde – das ist heute – nahm er das Brot, sprach das Dankgebet und gab es ihnen…“ Die kleine Ergänzung im Eucharistischen Hochgebet drückt aus, dass die Hingabe Jesu an seine Jünger*innen nicht vorbei ist. Das Geheimnis, das wir in der Eucharistie feiern, gilt für alle Zeiten. Alle Menschen sind in dieses Heilsgeschehen einbezogen. Jesus hat uns in den Gestalten von Brot und Wein uns seinen Leib und sein Blut geschenkt. Diese Zeichen stehen für seine Hingabe und Liebe an uns.
Im 1. Korintherbrief 11,23-26 sind die eucharistischen Einsetzungsworte überliefert, die Paulus im Jahr 54 schriftlich an die Gemeinde in der griechischen Hafenstadt weitergibt. Es sind die ältesten Texte des neuen Testaments. Sie entstanden noch vor den vier Evangelien. Nicht gelesen wird im ganzen Kirchenjahr der Kontext, in den dieses Brot- und Weinwort Jesu eingebettet ist: Paulus kritisiert nämlich die Gemeinde, dass sie beim Sättigungsmahl vor der Gedächtnisfeier Unterschiede macht. Während sich die Reichen satt essen, stehen die Armen hungrig vom Mahl auf. Dieses Verhalten tadelt der Apostel. So lange Unterschiede gemacht werden, erfüllen wir nicht den Willen Jesu. Wir können sein Vermächtnis nur weitergeben, wenn wir uns nach Kräften darum bemühen, Ungerechtigkeiten zu überwinden. Bei Paulus sind dies die Unterschiede von Status, Herkunft und Geschlecht. In den christlichen Gemeinden soll es keine Bedeutung haben, ob einer frei ist oder versklavt, ob eine jüdisch ist oder griechisch, ob männlich oder weiblich – denn in Christus sind alle geeint (vgl. Gal 3,26-28).
Christin und Franziskanerin sein heißt für mich: Dass wir das, was wir bei der Betrachtung der Heiligen Schrift oder um den Altar versammelt hören und feiern, in unserem Leben verlebendigen und in unseren Alltag übersetzen. Es ist die Erfahrung, dass wir als Glaubende eine Gemeinschaft von gleich Würdigen und gleich Gestellten sind. Beschenkt und begnadet, Gottes liebende Gegenwart in dieser Welt erfahrbar zu machen. Das klingt wie eine Utopie, ist aber möglich und ereignet sich in ganz konkreten Situationen und Begegnungen.