Heimgegangen zu Gott: Missionarin Schwester Edith Hepp

Nachruf – Einen Tag nach dem Dreifaltigkeitssonntag, rief Gott am 28. Mai, in den frühen Morgenstunden unsere Mitschwester Maria Edith Hepp zu sich in sein ewiges Leben.

Geboren wurde Sr. Edith am 13. Oktober 1933 in Goldbach im Landkreis Aschaffenburg und wurde zwei Tage später auf den Namen Agnes getauft. Sie wuchs mit vier weiteren Geschwistern in einem religiös geprägten Elternhaus auf. Die Kindheit von Agnes war geprägt durch die Diktatur des Nationalsozialismus, die Wirren des zweiten Weltkriegs und die Not der Nachkriegsjahre. Agnes besuchte von 1939 bis 1947 die Volksschule in Hösbach und anschließend für zwei weitere Jahre bis 1950 die sogenannte Fortbildungsschule.

Schon als Jugendliche wusste sich Agnes Hepp zum Ordensleben berufen und begeisterte sich für die Mission. Sie war berührt von der Menschwerdung Gottes und trat, noch nicht 17-jährig, in unsere Gemeinschaft der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu ein. Im Januar 1950 wurde sie in die Kandidatur aufgenommen. Schon damals zeigte Agnes eine besondere Sensibilität für andere Menschen. Als Kandidatin und Postulantin wurde Agnes Hepp von 1950 bis 1953 in der Frauenfachschule im Kloster Oberzell zur Handarbeitslehrerin ausgebildet, die sie mit der staatlichen Prüfung erfolgreich abschloss. Außerdem wurde ihr die Missio Canonica verliehen.

Im Oktober 1953 wurde Agnes in das damals einjährige Noviziat aufgenommen. Bei der Einkleidung erhielt sie den Namen Schwester Maria Edith. Ihre Namenspatronin, Edith Stein, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde, war ihr zeitlebens ein großes Vorbild. Am 4. Oktober 1954 legte Sr. Edtith die zeitliche Profess für drei Jahre und am 5. Mai 1957 die Profess auf Lebenszeit ab.

Nach dem Noviziat, von 1954 bis 1957 hatte Sr. Edith ihren ersten beruflichen Einsatz als Handarbeitslehrerin in der Haushaltungsschule und dem Fürsorgeheim im Kloster Oberzell. Anschließend wirkte sie für ein Jahr im Hedwigsheim in Würzburg. Mitschwestern, die ihre Schülerinnen waren, erinnern sich an Sr. Ediths pädagogisches Geschick und ihre motivierende Art des Unterrichts.

Beseelt von dem Wunsch, an der Verkündigung des Evangelium mitzuwirken, meldete sich Sr. Edith für die Arbeit in unserer noch jungen Missionsstation in Südafrika. 1958 kehrte sie nach Oberzell zurück, um sich ein Jahr lang durch Sprachunterricht, Landeskunde und die Führerscheinprüfung auf ihren zukünftigen Einsatz vorzubereiten. Am 18. Januar 1959 erhielt Sr. Edith die kirchliche Sendung in die Mission, wenige Tage später, am 25. Januar flog sie von Frankfurt nach Südafrika und wirkte fortan 54 Jahre in der Region der hl. Clara in Eshowe. Als Sr. Edith nach Südafrika kam, war das Land von einer strengen und menschenunwürdigen Rassentrennung geprägt. Die sogenannte Apartheidpolitik verwehrte ein gleichberechtigtes Miteinander zwischen Menschen verschiedener Ethnien. Den Zugang zu Bildung, dem fruchtbaren Land und den Bodenschätzen hatten fast ausschließlich die Nachfahren der Europäer.

Nach ihrer Ankunft arbeitete Sr. Edith zunächst in der Hauswirtschaft des Konvents, der Wäscherei und im Nähzimmer. Sie war auch handwerklich geschickt und wechselte, wenn nötig, unterwegs die Autoreifen oder reparierte Bügeleisen und andere Geräte. Sr. Edith stand dem Haushalt des Bischofs Aurelian Bilgeri vor, der in unmittelbarer Nachbarschaft des Konvents wohnte, sorgte zusammen mit dem Hauspersonal für die Gäste und Missionare, die zu ihm kamen und war für ihn als Chauffeurin tätig. Bei den weiten Fahrten, die auf schlechten Straßen auch zu entfernten Missionsstationen führten, lernte sie das Land mit seinen vielen Facetten und vor allem auch Volk und Kultur der Zulus kennen und lieben. Entschieden trat Sr. Edith für die Menschen ein, wenn sie Vorurteile hörte und lehnte die Politik der Apartheid entschieden ab.

Neben dem Handarbeitsunterricht in der Holy-Childhood-School leitete Sr. Edith von 1979 bis 2002 das Mädcheninternat und sorgte Tag und Nacht für die dort lebenden Schülerinnen. Eine besondere Freude war es ihr, dass seit den 1970er Jahren Kinder aller Bevölkerungsgruppen in der Holy-Childhood-School aufgenommen wurden, im Internat miteinander lebten und so bereits auf ein Leben nach der Überwindung der Apartheid vorbereitet wurden.
Auch als Sr. Edith bereits nach Deutschland zurück gekehrt war, erhielt sie viele Briefe, Päckchen und sogar Blumen von ihren ehemaligen Schülerinnen aus Südafrika. Nach der Schließung des Internats arbeitete sie noch bis 2013 im Mädchenhort.

Sr. Edith war eine freundliche und immer hilfsbereite Ordensfrau. Sie begegnete jedem Menschen mit einem Lächeln und großem Respekt. In Gesprächen vertrat sie offen und ehrlich ihre Meinung. Sr. Edith hatte ein umfangreiches Allgemeinwissen und interessierte sich auch noch im Alter für die Geschehnisse in Kirche und Welt. Tief verwurzelt im Glauben, nahm sie ihr Gebetsleben sehr ernst. Eine geistliche Quelle war ihr die tägliche Betrachtung, die sie in den frühen Morgenstunden hielt, bevor sie Kinder weckte.  Zu ihren Angehörigen hielt sie immer einen guten Kontakt und freute sich sehr auf das Wiedersehen bei ihren Heimatbesuchen.

Im Juni 2013 kehrte Sr. Edith aus gesundheitlichen Gründen nach Deutschland zurück. Sie verbrachte ihren Lebensabend im Franziskushaus im Kloster Oberzell und hatte große Freude am Nähen und Handarbeiten.

Nach einer Operation musste sie im September 2017 in unser Alten- und Pflegeheim Antoniushaus versetzt werden. Ihr Zustand verschlechterte sich zusehends. Trotz ihrer körperlichen Leiden war Sr. Edith bis zuletzt erfüllt von Dankbarkeit und innig verbunden mit unseren Schwestern in Südafrika. Ihr Sorgen und Beten galt besonders den jungen Schwestern in der Region der hl. Clara und der Bitte um Berufungen für unsere Gemeinschaft. Bei einem unserer letzten Besuche bekräftigte sie, wie gerne sie in Afrika war und dass sie alles noch einmal so machen würde.

Sr. M. Rut Gerlach