Ein Wort zum Frieden – von Sr. Katharina

Vor einem Monat sind die russischen Truppen nach Putins Befehl in die Ukraine einmarschiert. Seitdem werden Städte bombardiert, Wohnviertel in Schutt und Asche gelegt und Millionen von Menschen von Strom, Wasser und Heizung abgeschnitten. Innerhalb weniger Wochen sind innerhalb von Europa so viele Menschen auf der Flucht wie seit 1945 nicht mehr. Die Bilder und Nachrichten von Putins Angriffskrieg in der Ukraine erschüttern uns. Oberzeller Schwestern, die selbst während oder nach dem Zweiten Weltkrieg fliehen mussten oder vertrieben worden sind, erinnern sich wieder an ihre eigene Geschichte und Not damals.

Momentan herrscht wieder eine große Hilfsbereitschaft. Ehrenamtliche verteilen Lebensmittel an den Bahnhöfen. Turnhallen werden zu Auffanglagern umfunktioniert. Klöster und Familien bieten Wohnraum an. Das war auch 2015/2016 so, als hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Afghanistan über die sogenannte Balkanroute nach Europa strömten. Doch schnell kippte die Stimmung. Europa konnte sich nicht über eine faire Verteilung der Geflüchteten einigen. Die Grenzen wurden dicht gemacht. Die Menschen werden unter unmenschlichen Bedingungen in griechischen Auffanglagern festgehalten oder warten in sogenannten Ankerzentren auf ihr Asylverfahren. Bis heute.

Dabei ist es richtig und menschlich, wenn nun die Menschen aus der Ukraine unbürokratisch in die EU einreisen, sofort Sozialleistungen in Anspruch nehmen und sich eine Arbeit oder Wohnung suchen dürfen. Schwierigkeiten werden sicher nicht ausbleiben. Aber wenn sich alle frei bewegen können, werden viele bei Verwandten oder Freunden Unterschlupf finden. Und die bereits integrierten Menschen werden die ankommenden Mütter und Kinder, Alte oder Familien unterstützen, sich schneller in der fremden Umgebung zurechtzufinden.

Geflüchtete aufgenommen

Als Gemeinschaft der Oberzeller Franziskanerinnen haben wir überlegt, wie wir helfen können. Neben finanziellen Spenden haben wir erste Geflüchtete in unseren Würzburger Einrichtungen aufgenommen. In unserem Haus Antonia Werr in Würzburg ist die erste Frau aus der Ukraine am 16. März eingezogen. Weitere werden folgen, denn einige Zimmer im generalsanierten Haus sind bislang noch nicht belegt. Zusammen mit dem Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt habe ich nach einem anderen Ortstermin die Frau willkommen geheißen. Mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms aus dem Handy konnten wir uns grob verständigen. Doch um die schrecklichen Kriegserlebnisse zu verarbeiten, wird es professionelle Unterstützung und richtige Dolmetscher*innen brauchen.

Hier im Kloster Oberzell bereiten wir gerade weitere Räumlichkeiten vor, in denen Menschen eine Bleibe finden können. Wir sind im Gespräch mit dem Landkreis Würzburg. Zusätzlich haben wir einen Aufruf gestartet, um Ehrenamtliche zu gewinnen, die die Geflüchteten betreuen und eine Stelle ausgeschrieben, um die Freiwilligendienste professionell zu koordinieren. Denn klar ist auch: Wir Schwestern schaffen das alleine nicht (mehr). Wir brauchen Hilfe, um anderen helfen zu können.

Die Resonanz aus der Bevölkerung ist groß. Viele wollen uns unter die Arme greifen, bieten ihre Zeit oder andere Ressourcen an. Der Krieg in Europa wird unsere Gesellschaft nachhaltig verändern, genauso wie es der fortschreitende Klimawandel und die Corona-Pandemie bereits tun. Wir können nur hoffen, dass die demokratischen Kräfte aus der ganzen Welt nun zusammenstehen und besonnen handeln.

Zerbrechliche Errungenschaften

Eine Eskalation der Gewalt könnte sich zu einem Flächenbrand entwickeln und unvorstellbares Leid zur Folge haben. Dass wir in Deutschland seit Jahrzehnten in Frieden, Wohlstand, Freiheit und Sicherheit leben konnten, ist keine Selbstverständlichkeit. Wie zerbrechlich und gefährdet diese Errungenschaften sind, wird uns nun schlagartig bewusst.

Ich bete darum, dass Menschen aller Religionen, Nationen und Kulturen gemeinsam am Frieden bauen und unsere Lebensgrundlagen erhalten helfen. Dazu wird es nötig sein, dass wir globale Gerechtigkeit und ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen schaffen – egal, welche Hautfarbe sie haben, wo sie geboren sind, und an welchen Gott sie glauben. Eine Einsicht der katholischen Soziallehre ist, dass es Frieden ohne Gerechtigkeit nicht geben wird. Ob sich diese Erkenntnis global durchsetzt, steht derzeit in den Sternen. Eine gerechte Verteilung der Corona-Impfstoffe hat bis jetzt jedenfalls nicht geklappt. Auch die Folgen der Erderwärmung treffen die armen Länder am meisten. Und schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Krieg in der Ukraine Hungersnöte auf der südlichen Halbkugel auslösen wird.

Vor kurzem ging mir das neue geistliche Lied durch den Kopf: „Liebe ist nicht nur ein Wort. Liebe, das sind Taten und Worte…“ Diese Taten und Worte werden in weiteren Strophen auch für Hoffnung und Freiheit durchbuchstabiert. Heute möchte ich noch eine Friedens-Strophe anfügen:

2022 03 26 Stellungnahme Krieg03 klein

 

„Frieden ist nicht nur ein Wort,
Frieden das sind Worte und Taten.
Als Zeichen des Friedens stehen Menschen zusammen
als Zeichen des Friedens für diese Welt.“