20 Jahre Netzwerk Afrika Deutschland und Mitgliederversammlung

Vom 5. bis 7. November fand die diesjährige Mitgliederversammlung des Netzwerkes Afrika Deutschland (NAD) im Priesterseminar in Köln statt, diesmal verbunden mit einem besonderen Anlass: 20 Jahre Netzwerk Afrika Deutschland.

Wie üblich bei der jährlichen Mitgliederversammlung ging es zuerst um den Jahresbericht des NAD mit der Möglichkeit, Rückfragen zu stellen, es wurde abgestimmt über den Finanzbericht und das Budget. Insgesamt, so berichtet Sr. Ingrid, ist es eine positive Entwicklung, dass die Bundesregierung ein erneutes Interesse an Afrika entwickelt. Es gab einige Afrikareisen des Entwicklungsministers und von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Begleitung einer Delegation aus der Wirtschaft. Kritisch daran zu sehen ist eine „veränderte und fragwürdige Entwicklungsstrategie“ (NAD Jahresbericht 2018). Es erweckt den Eindruck, dass es weniger um direkte Armutsbekämpfung geht, sondern um eine Reduktion des Migrationsdruckes.

Anschließend ging es um die anstehenden Vorstandswahlen, wobei drei der aktuellen Vorstandsmitglieder bekannt gaben, nicht mehr zur Wahl zu stehen. P. Hubert, der aktuelle Vorsitzende, erläuterte die Schwerpunkte der Vorstandsarbeit. Es geht um eine Begleitung der Geschäftsstelle des NAD, eine Weiterführung der Anliegen und Werte und vor allem auch die Sorge und Planung der Zukunft des NAD. Schon im letzten Jahre wurde diskutiert, dass die „Personaldecke“ überall „dünner“ wird, schon länger wird eine Unterstützung für P. Wolfgang im Berliner Büro gesucht und konnte bisher nicht gefunden werden.

Auch neue Vorstandsmitglieder zu finden, war nicht einfach, aber es konnte dann einstimmig der neue Vorstand gewählt werden. Dieser setzt sich für die nächsten drei Jahre aus folgenden Personen zuammen: P. Hubert Wendl, Sr. Charlotte Irmler, Sr. Margret Fover, Sr. Klara Maria Breuer und P. Heinrich Gockel.

Zur diesjährigen Mitgliederversammlung war auch Bischof Siegfried Mandla Jwara CMM aus der Diözese Mthatha, Südafrika eingeladen. Er berichtete von seinem aktuellen Wirkungsort, dem Apostolischen Vikariat Ingwavuma (soll eine Diözese werden), wo er seit 2016 eingesetzt ist. Seine Arbeit dort beschreibt er als „Aufbauarbeit“, eine Kathedrale wird aktuell gebaut, demnächst wird er vier Diakone weihen und auch der Ausbau der Jugendarbeit liegt ihm sehr am Herzen. Sein Wirkungsort liegt an der Grenze zu Mosambik und Swaziland, es werden drei verschiedene Sprachen gesprochen. Er erfährt bei den Gläubigen eine große Bereitschaft, sich auch finanziell zu beteiligen, da zu unterstützen, wo es ihnen möglich ist.

Fr. Chika Onyejiuwa, Geschäftsführer des AEFJN in Brüssel, berichtete am nächsten Tag von seiner Arbeit und den Herausforderungen. NAD ist Teil des AEFJN – „Africa-Europe-Faith and Justice Network“ (Afrika-Europa-Glaube und Gerechtigkeit-Netzwerk), die sogenannte deutsche „Antenne“. Es gibt in vielen Ländern Europas, Afrikas und den USA diese sog. „Antennen“, mit denen die Mitarbeitenden aus Brüssel vernetzt sind und zusammenarbeiten. Um die Arbeit zu beschreiben zitierte Fr. Chika Dom Helder Camara: „Wenn ich den Armen Essen gebe, dann nennen sie mich einen Heiligen. Wenn ich frage, warum die Armen kein Essen haben, nennen sie mich einen Kommunisten.“ Eine weitere Metapher für die Arbeit war folgende Geschichte: „Menschen standen an einem Fluss und plötzlich sahen sie Babys in dem Fluss, sie begannen, diese zu retten. Es wurden immer mehr und sie mussten ja auch weiter versorgt werden, daher wurden Waisenhäuser gebaut und Strukturen geschaffen. Irgendwann wurde es soviel, dass Einer einen neuen Plan fasste. Er ging den Fluss aufwärts, um zu schauen, woher die Babys kamen und was man dort dagegen tun könnte.“ Viele Missionare und Missionarinnen haben genau das getan, sie haben wichtige Arbeit in den Ländern des Südens geleistet, haben Schulen gebaut, unterrichtet, gepflegt usw. Das AEFJN möchte den „Fluss aufwärts gehen“, also den Ursachen für Ungerechtigkeit und Ungleichheit auf den Grund gehen. Auf ihrer Internetseite beschreiben sie ihre Arbeit wie folgt: „AEFJN fördert wirtschaftliche Gerechtigkeit zwischen der Europäischen Union und Afrika südlich der Sahara, damit sich die Armen Afrikas auf eine bessere Zukunft freuen können.“ Fr. Chika berichtete, dass es einen 4-Jahres Aktionsplan gibt und anhand einiger aktueller Beispiele verdeutlichte er uns die Arbeit des AEFJN z.B. im Kampf gegen Land-Enteignungen im Kongo oder in Sierra Leone.

20 Jahre Netzwerk – Afrika – Deutschland – Grund zu feiern, zurückzublicken und Dank zu sagen. Auch einige Gründungsmitglieder oder ehemalige Vorstände waren gekommen, Andere konnten aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen. P. Hubert und Sr. Ingrid erzählten von den Anfängen des NAD, erst mit dem Büro in Bonn, später auch in Berlin. Die Idee und das Ziel des NAD war es, die missionierenden Orden zu verbinden, ein Netzwerk zu schaffen, um Wissen, Informationen etc. zu teilen und sich gemeinsam einzusetzen. In einer Bilderreihe kamen viele Erinnerungen, JedeR konnte teilen, an was sie sich persönlich erinnerte. P. Hubert dankte den Gründungsmitgliedern, den ausscheidenden Vorstandsmitgliedern und den MitarbeiterInnen der beiden Büros Sr. Ingrid, Sr. Praxedis und P. Wolfgang für ihre tägliche Arbeit und ihren Einsatz.

Den Festgottesdienst am Nachmittag feierte Bischof Siegfried Jwara CMM aus Südafrika mit uns, sehr passend war das Tagesevangelium über die eingeladenen Gäste, die sich entschuldigen und nicht zum Festmahl kommen. „Da sagte der Herr zu dem Diener: Dann geh auf die Landstraßen und vor die Stadt hinaus und nötige die Leute zu kommen, damit mein Haus voll wird. Das aber sage ich euch: Keiner von denen, die eingeladen waren, wird an meinem Mahl teilnehmen.“ (Lukas 14,24). Wo haben wir Ausreden, um nicht teilzunehmen oder wo lassen wir uns einladen, mitzuarbeiten am Reich Gottes, uns einzusetzen für Frieden und Gerechtigkeit? 

Den Abschluss bildete eine öffentliche Veranstaltung im Domforum mit dem Titel „Glaubwürdige Kirche für die Zukunft“- aus Anlass der Jugendsynode in Rom – Deutsche und Afrikanische Aspekte. Bischof Siegfried und Thomas Andonie (Bundesvorsitzender des BDKJ) berichteten von ihren Eindrücken der kürzlich stattgefundenen Jugendsynode in Rom. Hier einige der Themen, die von unterschiedlichen Personen bei der Synode in sog. 4-Minuten-Statemtens benannt wurden: Bischof aus Japan: Die Jugendlichen sind nicht mehr in den Pfarreien zu treffen, wir müssen sie außerhalb treffen. Mr. Sebastian aus Australien: Die Kirche sollte Orte schaffen, wo Jugendliche Fehler machen können, ohne sofort verurteilt zu werden. Kardinal aus den Phillipinen: wir haben Angst der Jugend zuzuhören, weil wir in ihren Wunden unsere Wunden erkennen. Aus Bischof Siegfrieds Sicht war die Synode ein echter Erfolg, die ihm Energie gegeben hat, in der eigenen Diözese Neues für die Jugend anzubieten. Auch Thomas Andonie bewertete die Synode positiv, es wurden Grundlagen gelegt, die jetzt konkret in die Praxis umgesetzt werden müssen. In seiner Gruppe wurden drei Schwerpunktthemen be-nannt: digitale Lebenswelt, Migration und Flucht, Machtmissbrauch. Junge Menschen sollten als „Orte der Theologie“ gesehen werden, von denen Bischöfe und Priester lernen können, Sie brauchen ihre eigenen – neue – Räume in den Pfarreien, um sich zu beheimaten. Everjoy Chiimba aus Simbabwe, die in Bonn lebt und studiert, berichtete aus ihrer Sicht, was die Jugend in Afrika braucht. „Die Jugend ist das Herz der Kirche“ sagte sie und forderte den direkten Dialog zwischen Bischöfen und der Jugend, also das nicht über sie, sondern mit ihnen gesprochen wird.

Ein weiterer Wunsch war mehr Freiraum, also keine Kontrolle oder „moralische“ Beobachter, sondern Begleiter auf dem Lebens- und Glaubensweg. Die Jugend hat viele Fragen und wünscht sich Antworten, die über den Katechismus hinausgehen, ein ernst genommen werden, statt der simplen Antwort „das erlaubt die Kirche nicht“. „Die katholische Kirche ist immer noch eine Männerkirche“, sagte sie und forderte mehr Gleichberechtigung für Frauen in der katholischen Kirche. In einer Podiumsdiskussion kamen die drei weiter über diese Themen ins Gespräch, viele der Probleme sind tatsächlich nicht rein „afrikanisch“, sondern treten in gleicher oder ähnlicher Form hier in Deutschland auf.

Es waren zwei intensive Tage miteinander, Zeit zum Austausch, zum Hören und Teilen, den Fluss weiter aufwärts gehen – wie es in der Metapher hieß – für mehr Frieden und Gerechtigkeit für Alle.

Sr. Juliana Seelmann