Nachruf auf Schwester M. Felizia – Hildegard Keller

Am 60. Jahrestag ihrer Einkleidung, rief der auferstandene Christus am Nachmittag des 4. Mai unsere Mitschwester M. Felizia Keller zu sich in das österliche Leben. Schwester Felizia wurde am 5. März 1938 in Hummelmarter-Oberaurach im Landkreis Haßberge geboren und erhielt mit dem Taufkleid den Namen Hildegard. Sie war die dritte von vier Kindern der Eheleute Peter und Kunigunde Keller.

Von 1944 bis 1952 besuchte sie die Volksschule in Dankenfeld, anschließend von 1952 bis 1954 die hauswirtschaftliche Berufsschule in Trossenfurt.

Hildegard wuchs in der Kriegszeit auf, was für viele Familien eine schwere Zeit war. Ihr Vater musste zum Kriegsdienst nach Stalingrad und wurde 1943 als vermisst gemeldet.

Nach der Berufschulzeit trat Hildegard im Juli 1954 ins Kloster Oberzell ein. Ihrem Wunsch entsprechend wurde sie von Februar 1956 bis August 1958 in unserem Fürsorgeheim zur Damenschneiderin ausgebildet.

Bei ihrer Einkleidung mit dem Ordenshabit 1959 erhielt Hildegard den Namen Felizia, die „Glückliche“. Während der zweijährigen Ausbildung im Noviziat wurde Schwester Felizia in das klösterliche Leben eingeführt. Im Mai 1961 legte sie die Erstprofess für drei Jahre und 1964 die Profess auf Lebenszeit ab.

Ihr erster beruflicher Einsatz war von 1961 bis 1963 in unserem Fürsorgeheim in Gauting (im oberbayerischen Landkreis Starnberg) als Haushaltschwester. 1963 wurde Schwester Felizia ins Mutterhaus in den Schwarznähsaal zum Nähen versetzt. Seit 1979 hatte sie ihren Arbeitsplatz in der Sakristei und in der Kirche.

Schwester Felizia war unermüdlich fleißig und sah, wo es fehlte. Von ihrem Charakter her war sie klar, direkt und sagte gerade heraus, was sie dachte oder fühlte. So schnell wie bei ihr ein Gewitter aufzog, konnte es sich aber auch wieder verziehen. Und dann war die Luft klar und rein, denn nachtragend war Schwester Felizia nicht. Ihre engsten Mitarbeiterinnen in der Hausreinigung pflegten über sie zu sagen: „Harte Schale, weicher Kern!“

Pflichterfüllung, Ordnungsliebe, Fleiß, Zuverlässigkeit und Genauigkeit gehörten zu ihren verinnerlichten Tugenden. So fiel es Schwester Felizia schwer, ab- und zuzugeben, vor allem in den letzten Jahren, als sie zunehmend körperliche Einschränkungen spürte. Die Last der Arbeit und der Umfang ihrer Tätigkeiten im großen Mutterhaus, in Sakristei, Kirche, Hof und Abfallbeseitigung führten immer wieder zu Überforderung und Erschöpfung.

Dafür freute sie sich umso mehr auf die Besuche bei ihren Schwestern, auf Urlaub und Erholung oder wenn Zeit für etwas Handarbeiten und Nähen blieb.

Besuchern und Fremden gegenüber war sie immer freundlich und zuvorkommend. Auch pflegte sie zu vielen Menschen brieflichen Kontakt.

Im September 2018 begann für Schwester Felizia durch eine Tumordiagnose ein Leidensweg. Nach einer Operation in der Würzburger Uniklinik wurde sie im Antoniushaus, dem Alten- und Pflegeheim der Gemeinschaft, liebevoll bis zu ihrem Tod gepflegt.

Die Franziskanerbrüder nennen einen Verantwortlichen ihrer Konvente „Guardian“. Guardian bedeutet „Wächter. Hüter. Aufseher.“

Diese Bezeichnung passt auch zu unserer Mitschwester: Schwester Felizia war eine Wächterin. Sie war auf den Beinen frühmorgens und noch mitten in der Nacht. Sie hat sich nicht geschont, sondern Wache gehalten in unseren heiligen Räumen und in den ganz profanen Räumen.

Sie war eine Hüterin. Sie hat Kirche, Sakristei, unser ganzes Kloster gehütet und gepflegt. Nicht weil es ihr gehörte, sondern weil sie sich verantwortlich fühlte und es erhalten wollte in seiner Schönheit, geistlichen Würde und Strahlkraft.

Sie war eine Aufseherin. Sie hat mitbekommen, was in den Gängen, im Haus und Hof geschieht. Wir brauchten keinen Wach- und Schließdienst, solange sie da war. Sie hat sich nicht gescheut, Menschen anzusprechen und sich zu erkundigen, wonach sie suchen. Schwester Felizia hat auch auf die Einhaltung des klösterlichen Lebens gesehen: Die Tagesstruktur, das Stundengebet, den Gottesdienstes, das Gemeinschaftsleben, die Regeln, die eine große Gemeinschaft braucht, um zu funktionieren.

Schwester Felizia. Die Glückliche. Guardiana. Wächterin. Hüterin. Aufseherin. Wir verneigen uns vor ihr und ihrem Leben und glauben, dass Gott, auf den sie ihr Leben lang gewartet und Ausschau gehalten hat, sie nun aufnimmt in sein Reich des Lichtes und des Friedens.

Sr. Dr. Katharina Ganz
Generaloberin